Bad Vilbel. Aus einem verwilderten Niederwald soll bald ein lichtdurchflutetes Biotop werden. Auf Anregung der Agenda-Gruppe Ökologie wird die Stadt deshalb in den nächsten Tagen damit beginnen, Bäume und Sträucher aus dem ehemaligen Dickhardtschen Steinbruch oberhalb der Hanauer Straße zu entfernen. Seit 30 bis 40 Jahren sei dort ein Niederwald entstanden. „Das fördert Allerweltsarten“, sagt BUND- und Agenda-Mitglied Peter Paul. Dabei sei der Steinbruch mit seinen Steilwänden ein „Sonderstandort“.
Es sei nur auf den ersten Blick ein Widerspruch, sprächen sich Naturschützer für das Fällen von Bäumen aus. An der Nidda etwa hätten nicht standortgerechte Pappeln gestanden. Im Steinbruch beeinträchtigten die Bäume die Biotopstruktur, sagt Paul und zeigt ein altes Foto aus dem Jahr 1930, als der Steinbruch noch lichtdurchflutet war. Dennoch sollen nicht alle Bäume verschwinden, sondern zunächst erst einmal zehn bis Mitte März, wenn wegen des Brutschutzes ein Abholzverbot gilt. Außerdem sollen die wertvolleren Bäume, wie Eichen oder Buchen, erhalten bleiben. Weniger wertvolle Gehölze, Ahorn, Weiden und Eschen, sollen weichen.
Gewächse wie die Waldhasel sollen zurückgeschnitten, „auf den Stock gesetzt“ und maximal zwei Meter hoch wachsen, so Paul: „Davon hat die Vogelwelt mehr, als von so einem gageligen Gewächs.“ Weil die Bäume zum Licht hin sehr in die Höhe gewachsen seien und auf dem harten Untergrund kaum Standfestigkeit hätten, seien viele bereits umgestürzt.
Der gesamte Steinbruch ist 4000 Quadratmeter groß, renaturiert werden soll eine Fläche von knapp 1000 Quadratmetern, erklärt Albrecht Kliem vom städtischen Liegenschaftsamt. Das soll in drei Etappen, bis März, ab September und im kommenden Frühjahr geschehen.
Zunächst sollten in den nächsten zwei Jahren Bäume entfernt werden, damit die Nord- und Südostwand des Steinbruchs wieder besonnt werde. In fünf Jahren könne man das Biotop deutlich erkennen. Bis dahin soll der Steinbruch neuen Lebensraum für den Ziegenmelker, eine Nachtschwalbenart, den Hausrotschwanz, eine Dohle, sowie Turmwandfalken, Mauersegler oder Hohltauben bieten.
So könne der Steinbruch auch wieder zu einem wohnortnahen Erholungsraum werden, „kaum 250 Meter vom Alten Rathaus entfernt“, sagte Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU).
Der Dickhardsche Steinbruch verweist auf eine alte Vilbeler Tradition. Seit Jahrhunderten wurde dort das Rotliegende aus den Steinbrüchen des Berger Rückens gebrochen. Noch heute sieht man das Baumaterial, etwa an der Wasserburg, der Stadtschule oder zahlreichen Hauskellern. Erst durch das Aufkommen von Beton und Hohlblocksteinen wurde das Material abgelöst – eine 2000-jährige Bautradition fand ein Ende.