Karben. 21.15 Uhr. Ein lauter Schlag auf den Tisch. „Kann ich nicht mal mehr ausreden!“, schreit Stadtrat Jochen Schmitt (SPD) in die lautstarke Diskussion. „Auf den Tisch wird hier nicht geschlagen“, schreit Michael Ottens (FWG) zurück, der Vorsitzende des Haupt- und Finanzausschusses. Laut und heftig verlief der größte Teil der ersten Debatte der Parlamentarier über Karbens Haushalt für das laufende Jahr.
Abgesehen von lautem Streit, vielen Fragen und gegenseitigen Vorwürfen blieb nach mehr als vier Stunden Sitzung am Donnerstagabend im Clubraum des Bürgerzentrums nicht allzu viel Greifbares übrig: Nur den Wirtschaftsplan 2008 der Stadtwerke empfahl die Mehrheit von CDU, FWG und FDP dem Stadtparlament zur Annahme, wenn es nächsten Freitag darüber berät.
Als roter Faden zogen sich detaillierte Nachfragen nach Kostensteigerungen im Etat-Entwurf von Bürgermeister Roland Schulz (SPD), der derzeit erkrankt ist, durch die Sitzung. „Überall sind die Ansätze erhöht worden“, kritisierte CDU-Fraktionsstellvertreter Guido Rahn. Es dürfe kein Automatismus sein, einfach Ansätze den realen Kosten anzupassen. „Da muss man doch zusehen, dass man die Kosten wieder senkt.“ Im konkreten Fall des Hallenfreizeitbades sei das dringend nötig. „Wenn wir nicht mit Sparen anfangen, können wir das Bad nicht halten“, warnte der Christdemokrat.
Damit wehrte sich die Koalition gegen Vize-Bürgermeister Gerd Rippen (Grüne): Dieser hatte vor Einsparungen bei einzelnen Posten gewarnt. In dem Fall müsse die Temperatur des Hallenbades um zwei bis fünf Grad gesenkt werden, werde die Außenanlage verkümmern, die Hecke nicht mehr geschnitten, das Bad wegen Personalmangels zeitweise geschlossen. Rippen: „Die Kosten sind gegeben, da lässt sich nichts rütteln.“ Konkret will die Koalition das geplante Defizit 2008 von 580 000 auf 500 000 Euro senken – den gleichen Wert, den Schulz auch für die Jahre 2009 bis 2011 bereits im Haushalt eingeplant hat.
Dass die Koalition in einigen Punkten globale Kürzungen vorgeben will, missfiel den Stadträten: Sie forderten konkrete Vorgaben zu einzelnen Positionen – was die Koalition letztlich auch tat oder per Begleitbeschluss dem Magistrat zur Aufgabe machte. Im Fall Hallenfreizeitbad mahnte die Koalition an, die Betriebsleitung solle endlich das Konzept zum Umsetzen der Spar-Vorschläge aus dem Bädergutachten vorlegen. Die Frist dafür war vergangenen Mai abgelaufen. „Wir diskutieren seit Jahren“, stöhnte CDU-Fraktionschef Mario Beck, „und derweil laufen uns die Schulden davon.“
Kritik erntete die Koalition von Schmitt, Rippen und SPD-Fraktionschef Thomas Görlich wegen mangelnden Wissens in Detailfragen und zu wenig detaillierter Vorschläge. Das wies CDU-Frontmann Beck als „Camouflage-Taktik“ zurück: Der Magistrat versorge die Koalition nicht mit Informationen und werfe das dann den Parlamentariern vor. Rippen und Verwaltungsmitarbeiter legten in mehreren Fällen während der Sitzung neue Erläuterungen nach, etwa bei den Steigerungen der Personalkosten. Diese, erinnerte Beck, seien mit steigenden Löhnen begründet gewesen. In der Sitzung verwies Betriebsleiter Werner Klees auf eine große Zahl von krankheitsbedingten Überstunden hin.
Nach vier Stunden Diskussionen verständigte sich der Ausschuss darauf, die für Montagabend geplante Sitzung zu streichen. Sämtliche Anträge der Fraktionen zum Etat der Stadt sollen daher am Donnerstagabend besprochen werden. Jedoch droht schon Mehrarbeit: Rippen hat eine Liste mit Änderungsvorschlägen zu Schulz’ Etat in der Tasche „mit Erkenntnissen, die sich innerhalb der letzten zwei Monate ergeben haben“. Am Montag soll der Magistrat die Anträge beschließen und dann dem Ausschuss weiterleiten. Ausschusschef Ottens weigerte sich am Sitzungsabend, die Liste vorab entgegenzunehmen – weil sich alle darauf verständigt hatten, bis Mittwochmittag alle Anträge zu stellen. „Erst bekommen wir einen Haushalt, der nicht genehmigungsfähig ist“, schimpfte Ottens, „dann machen wir ihn wochenlang genehmigungsfähig und nun sollen wir noch vier Seiten Anträge der Verwaltung abarbeiten?“ Ein Schmunzeln hatte CDU-Mann Beck auf den Lippen: „Da ist man wohl nervös geworden und will nun die deftigsten Fehler ausmerzen.“ (den)