Engel spielen in der Geschichte von Jesu Geburt im Stall von Bethlehem eine wichtige Rolle. Ein Engel überbringt den Hirten die Frohe Botschaft: „Euch ist heute der Heiland, der Retter, geboren; er ist der Messias, der Herr“ (Lukas-Evangelium, Kapitel 2). Dann stimmt ein himmlisches Heer von Engeln das weihnachtliche Lied an: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen auf Erden.“
Der Engel, der die Hirten nachts auf dem Feld anspricht, ist kein kindliches kleines Engelchen mit winzigen Flügeln, keine Putte, sondern ein großer mächtiger Engel. Das erkennen wir an der Reaktion der Hirten und der vielleicht auch anwesenden Hirtinnen. Sie fürchten sich, sind betroffen und zeigen großes Erschrecken. Sie spüren Gottes Gegenwart im Engel. Doch dieser nimmt ihnen die Furcht, indem er sagt: „Fürchtet Euch nicht! Ich verkündige Euch große Freude.“ Das ist ein wichtiger Zug an Engeln: Sie sind Boten der Freude. In unseren tristen Alltag brechen sie unvermutet, unerwartet ein, lassen die Welt in einem neuen Licht erstrahlen und verwandeln die Stimmung in eine fröhliche und hoffnungsvolle, so dass wir – wie die Hirten ihre Herde – den Alltag für einige Zeit hinter uns lassen können und uns auf die Suche nach Gott und der Liebe machen.
An Weihnachten auf dem Hirtenfeld geschieht, was das Besondere von Weihnachten ausmacht: Die Engel zeigen sich den Menschen und öffnen dabei für einige Zeit den Himmel. Dessen Lichtschein ergießt sich auf die Erde und verändert die Welt. Der Himmel berührt die Erde und lässt uns ahnen, sehen und spüren, wie es dort ist. Die Engel heben die Grenze auf, die uns hier auf der Erde von der himmlischen Herrlichkeit trennt. Sie öffnen die Tore des Himmels, indem sie die frohe Botschaft verkünden: „Euch ist heute der Retter geboren.“ Diese Worte und das himmlische Licht berühren uns, auch wenn sie uns fremd sind. Die scharfe Trennung von Himmel und Erde, die wir besonders in den schweren und traurigen Augenblicken unseres Lebens spüren, wird mit einem Mal durchlässig und eröffnet uns eine neue Perspektive: Wenn sich der Himmel öffnet, öffnet sich auch, was in uns verschlossen war. Wir spüren stärker. Wir sind sensibler für uns selbst und für das, was um uns herum geschieht und vor sich geht. Wir spüren unsere Sehnsucht und unsere Hoffnung auf ein helles, friedliches und heiles Leben.
Liebe Leserinnen und Leser, eine Ahnung davon wünsche ich Ihnen am diesjährigen Weihnachtsfest, eine Ahnung, die wir nur erhaschen können, wenn wir uns einlassen auf die Engel Gottes, die in vielfältiger Gestalt zu uns reden.
Pfarrerin Irene Dannemann, Ev. Heilig-Geist-Gemeinde
Bad Vilbel – Heilsberg