Das Schlimmste bei einem Krimi – sei es ein Buch oder ein Film – ist für mich, wenn ich das Ende schon kenne. Manchmal wird im Klappentext eines Buches oder in der Beschreibung zu einem Film viel zu viel verraten oder jemand hat mir das Ende ungefragt oder unbeabsichtigt, erzählt. Dann ist alle Spannung dahin und das ganze wird fade und vorhersehbar.
Wenn ich aber das Ende eines guten Krimis nicht kenne, lasse ich mich von der Spannung mitnehmen. Manchmal fiebere ich regelrecht mit und am Ende bin ich erleichtert, wenn der Bösewicht verhaftet wurde und meine Fragen beantwortet sind. Wenn das so war, wurde ich gut unterhalten. Das Schöne ist dann auch nicht das Ende, sondern die Spannung bis dahin, das Raten und Warten auf die Auflösung. Advent ist für mich, immer noch, ein bisschen ähnlich. Als Kind habe ich noch viel deutlicher diese Vorfreude und Spannung auf Weihnachten gespürt, mit all den Vorbereitungen, dem Adventskranz, der immer heller leuchtete, je näher Weihnachten rückte oder einem Adventskalender, der immer leerer wurde und die Wartezeit wunderbar verkürzte. Weihnachten ohne die Adventszeit wäre viel weniger zauberhaft gewesen.
Mittlerweile muss ich die Adventskalender vorher füllen und in der Adventszeit noch so manches für Weihnachten vorbereiten. Aber ich spüre immer noch die Vorfreude auf das Weihnachtsfest und darum schätze ich die Adventszeit sehr.
Aber es fällt mir schwerer, mich daran zu freuen. Wenn ich amerikanische Weihnachtslieder ab Mitte November überall hören, viel zu oft Spekulatius oder Christus-Stollen essen sollte und schon so viele „Weihnachtsfeiern“ in der Adventszeit gefeiert wurden, das aus der Vorfreude eine Vorwegnahme wird. Ich möchte ja nicht vier Wochen lang Weihnachten feiern.
Was früher in der Adventszeit gebacken wurde, schmeckte erst an Weihnachten richtig gut und wurde auch dann erst gegessen. Das muss man ja nicht mehr genauso handhaben, aber es hat die Vorfreude des Wartens bestimmt gesteigert und das finde ich klug.
Mir kommt es so vor, als ob wir mittlerweile viel zu früh und viel zu oft „Weihnachten vorab“ feiern, nur um dann beim eigentlichen Fest keine Freude mehr an Weihnachten zu haben. Das wäre aber nun wirklich schade. Ich glaube die Kunst des Advents ist, warten zu können. Einen solchen Advent wünsche ich mir und Ihnen.
Pfarrerin Ulrike Mey,
Ev. Christuskirche
Bad Vilbel