Bad Vilbel. Verwunderung und Verstimmung im Bad Vilbeler Rathaus: Denn dort traf vergangene Woche eine aufsichtsrechtliche Verfügung des Landrates Rolf Gnadl (SPD) ein. Dabei geht es um den bereits vollzogenen Verkauf des städtischen Grundstückes an der Ecke Parkstraße und Niddastraße in Bad Vilbel an den Stadtverordneten Thomas Kester (CDU), einen Hotelier, der dort – wie ausführlich berichtet – einen Umbau seines Betriebes plant.
Die Rechtmäßigkeit des Verkaufs des Grundstücks schien abgehakt, denn sie war bereits aufsichtsbehördlich überprüft und befürwortet worden. In einem von Gnadl unterschriebenen Bescheid vom 2. Juli hieß es dazu, es hätten sich „keine Anhaltspunkte ergeben, die auf einen Verstoß gegen die Vorgaben des Paragraphen 109 HGO hindeuten würden.“ Damit war für Rathauschef Thomas Stöhr und die Stadt die Sache klar. In der jetzt vierseitigen Verfügung aus Friedberg wird der Beschluss der Mandatsträger vom Mai dieses Jahres zum Verkauf des Areales nun wegen eines Verstoßes gegen eben diesen HGO-Paragraphen genau von Landrat Rolf Gnadl beanstandet. Das Grundstück sei zum Preis von 622 020 Euro unter seinem Verkehrswert veräußert worden, verlautbart der Kreischef und behauptet, es hätte von anderer Seite ein „veritables Angebot“ über 700 000 Euro vorgelegen.
Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU) weist diese Äußerungen vehement zurück und ist erbost über den Sinneswandel des Landrates, aber auch darüber, dass der Landrat unterschlägt, dass das von der Stadt eingeholte Gutachten exakt dem Grundstückswert der amtlichen Richtwertkarte für den Bereich Parkstraße entspreche. „Damit zweifelt der Landrat auch die beim Kreis herausgegebene amtliche Richtwertkarte an“, denn , so argumentiert Stöhr messerscharf, „wenn das Gutachten so offensichtlich falsch wäre, wie behauptet, warum hat es der Landrat nicht schon in seiner Verfügung im Juli erkannt, wo ihm doch alles vorlag?“ Nimmt Gnadl seine Prüfungsaufgaben möglicherweise gar nicht ernst, fragt sich Stöhr? Für den Rathauschef indessen stehe auch jetzt, nachdem der Kauf vollzogen und qua Gesetz auch durch nichts mehr rückgängig zu machen ist, unverrückbar fest, dass alles rechtmäßig abgelaufen sei, daher werde er auch dem Magistrat empfehlen, „gegen einen solchen offensichtlich rechtswidrigen und widersprüchlichen Bescheid Widerspruch einzulegen“. Stöhr weist dem Landrat auch nach, dass dessen Behauptung, es hätte der Stadt ein Gebot der in der Parkstraße 20 residierenden Firma Wohnbau Hess GmbH & Co KG Bad Vilbel, vorgelegen, nicht zutrifft, sondern deren abgegebenes Gebot lag bei 650 000 Euro. Das ist zwar höher als Kästners Gebot, doch weist Stöhr darauf hin,. dass die Bauträgerfirma der beiden Geschäftsführer Werner und Stefan Hess kein unbeschriebenes Blatt bei der Stadt ist, was er mit dem gescheiterten Hotel auf dem Heilsberg begründet, dass Wohnbau Hess auf städtischem Grundstück bauen wollte, dann doch nicht tat und die Stadt so auf Investitionen an Zeit und Geld sitzen blieb. Und noch in einem weiteren Fall blieb die Stadt in ihren Geschäftsverbindungen zu Hess gebranntes Kind: Die „Millioneninsolvenz“ der Projektfirma in Zusammenhang mit dem ebenfalls gescheiterten Golfplatzprojekt in Massenheim. „Nach zwei so deutlich fehlgeschlagenen Versuchen muss man es den städtischen Gremien zugestehen, dass man nicht mehr wollte, zumal die Firma Wohnbau Hess im Gegensatz zu Herrn Kester nicht Hotelbetreiber ist und die Firma Wohnbau Hess nicht in der Lage ist, das bestehende Hotel zu erweitern, sondern nur Herr Kester“, schlussfolgert der Rathauschef im Klartext.
Dass der Verkauf nicht mehr rückgängig zu machen ist, das weiß auch Landrat Gnadl, dennoch ließ er sich von den Bad Vilbeler Grünen, die auch diesmal nicht im Verdacht stehen, Nägel mit Köpfen zu machen, instrumentalisieren. Immerhin verlangt die durch den Landrat Gnadl agierende Aufsicht von den Vilbelern zu prüfen, ob der durch angeblich „rechtswidrigen Beschluss entstandene Vermögensschaden durch die Anmeldung von Schadenersatzansprüchen gegenüber dem Gutachterausschuss beim Wetteraukreis“ kompensiert werden könne.
Über das Ergebnis einer solchen Prüfung erwartet die Kommunalaufsicht jedenfalls bis 15. Dezember einen Bericht. (sam)