Bad Vilbel. Der Kormoran ist zum Problem geworden. Seit der Vogel vor etwa 40 Jahren in unseren Breiten wieder heimisch geworden ist, hat sich der reine Fischjäger kräftig vermehrt und bedient sich hemmungslos an den Fischbeständen in den Gewässern. Dass er dabei auch den teuren Besatz von Angelvereinen ebenso wegfrisst wie seltene, gefährdete Arten, die nach aufwendigen Renaturierungsmaßnahmen wieder in die Nidda zugewandert sind, ärgert Sportangler und Umweltschützer gleichermaßen.
Aber was tun? Abschießen? Vertreiben? Oder auf selbst regulierenden Kräfte der Natur vertrauen? Eine allgemein gültige Antwort ist schwer zu finden. Das wurde bei einer Veranstaltung der Interessengemeinschaft (IG) Nidda deutlich. Zum Teil schlugen die emotionalen Wogen recht hoch, als rund 50 Besucher, moderiert von Klaus Vogelweier, mit hochkarätigen Experten diskutierten.
Insbesondere Ralf Eichelmann von der Unteren Naturschutzbehörde war heftigen Angriffen von Fischereivertretern ausgesetzt, die sich darüber beschwerten, dass Abschussgenehmigungen nicht erteilt würden. Karl Apel, zuständig für Jagd und Fischerei im Hessischen Umweltministerium, riet dazu, unter Berufung auf den Kormoran-Erlass vom Januar 2004 durch Anträge einen Bescheid zu erwirken und notfalls den Rechtsweg zu beschreiten. Zu beachten sei jedoch, dass der Kormoran ein europäischer Vogel sei, der besonders geschützt ist. Eine Abschussgenehmigung können die Länder nur in Ausnahmesituationen erteilen, wenn etwa Wiederansiedlungsprojekte oder gefährdete Fischarten bedroht sind. Egbert Korte vom Büro für Fischökologie stellte klar, dass der Kormoran nur ein Faktor im unüberschaubaren Netz von Ursachen und Zusammenhängen für die teils extrem schwankende Populationsstärke der Fischarten ist. Wasserstand und Gewässergüte hätten einen höheren Einfluss als der Kormoran. Deshalb sollte vor der Bekämpfung des Vogels die weitere Verbesserung der Gewässer stehen mit dem Ziel, die Lebensbedingungen im Wasser so zu verbessern, dass man den Kormoran aushalten könne. Der Bad Vilbeler Gewässerökologe Gottfried Lehr ging sogar so weit festzustellen, dass der Kormoran in der Nidda das Rotauge „auf ein gesundes Maß reduziert“ und damit die „Ausweitung des Artenspektrums begünstigt“ habe – eine Entwicklung, die sich sonst zehn Jahre später ergeben hätte.
Die Ausbreitung des Vogels sei abhängig vom Nahrungsangebot in den Gewässern, stellte Klaus Richards von der Vogelschutzwarte Fechenheim fest. Er warnte davor, Kolonien zu zersprengen, weil sich die Population dann aufsplittere. Eine Vertreibung durch die Störung an Ruheplätzen, wo Kormorane ihre Nahrung verdauen, führe dazu, dass sie sie auswürgen. Erneut hungrig holten sie sich dann das Vielfache an Fischen. Ein abgestimmter Maßnahmenkatalog aller beteiligter Interessengruppen solle daher das Ziel sein. (bep)