Auch wenn dieser Sommer wettermäßig einige Kapriolen geschlagen hat, war doch das Wetter ab und zu mal gut genug für einen Besuch im Freibad oder – für die Naturverbundenen – an einem Badesee. An den Badeseen ist das Wasser gewöhnlich etwas kälter als in Schwimm- und Freibädern. Und man sieht bei – fast – allen Schwimmern im Badesee eine ähnliche Prozedur, wenn sie zum ersten Mal ins Wasser gehen.
Zuerst wird ein Zeh oder der ganze Fuß ins Wasser gehalten, nach einer kurzen Pause, in der man realisiert hat, wie kalt das Wasser ist, geht’s weiter, bis das Wasser an die Knie reicht. Nach einer weiteren Pause geht’s weiter bis an die Hüften, nach einer weiteren Pause bis an die Brust. Schließlich, nach viel tiefem Luftholen und Gewöhnen an das kühle Nass, fasst man sich ein Herz und taucht mit dem Kopf unter. Wenn man das hinter sich hat, wird’s richtig gut und man kann das herrlich kühle Wasser bei der vorherrschenden Hitze genießen.
Dieser Genuss ist natürlich nicht möglich, wenn ich vom Baden absehe, nachdem ich nur einen Zeh ins Wasser gehalten habe oder mir das Wasser nur bis zu den Knien gereicht hat. Ein gewisses Maß an Überzeugung oder an Erfahrung, dass das Bad wirklich erfrischend ist, muss da schon dabei sein.
Mit unserer Beziehung zu Gott verhält es sich ähnlich. Ich kann mich aus Interesse mit dem Thema „Religion“ beschäftigen. Ich kann Spiritualität im Prinzip richtig gut finden; ich kann sogar dann und wann mal in die Kirche gehen. Das ist ja alles gut und richtig; aber das alleine wird mich kaum erfahren lassen, wie es ist, wenn Gott in mein Leben kommt, es ergreift und verändert.
Der dänische Philosoph Sören Kierkegaard sprach in dem Zusammenhang mal vom „Sprung des Glaubens“. Er meinte damit, dass sich Gott nur begrenzt über Logik erklären lässt, beim einen mehr, beim anderen weniger. Letzten Endes muss sich jeder selbst mit seiner ganzen Persönlichkeit auf Gott einlassen, um ihn erkennen und erfahren zu können.
Bei Jesus war das nicht anders: Viele der Menschen, die ihm nachgefolgt sind, hatten ihr bisheriges Leben hinter sich gelassen, ihren Wohnort verlassen, ihren Job aufgegeben. Religiöse Fanatiker? Nein, nur Menschen, die Sinn und ein Ziel im Leben gefunden hatten, für das es sich zu leben lohnt.
Wie Gott ist, das kann ich erfahren und erkennen, je mehr ich mich auf ihn einlasse. Je mehr ich also nicht nur meine Zehen nass mache, sondern eintauche in die Gegenwart Gottes.
Und wie weit gehen Sie ins Wasser?
Rolf Schwärzel, Pastor
der Freien ev. Gemeinde
Bad Vilbel