Bad Vilbel. Wolfgang Krieg muss den Deckel der Mülltonne nicht öffnen, um zu wissen, ob noch etwas drinnen ist. Er fasst ohne hinzusehen nach dem Griff, zieht die schwarze Plastiktonne vom Wagen weg und stellt sie wieder an den Straßenrand. Kein Gerumpel – diese Tonne ist leer. „Ich hör’ schon am Klopfen, ob was drin ist“, sagt Krieg.
Der gelernte Maurer räumt seit 21 Jahren den Müll anderer Leute weg. Seit 1986 ist er bei den Stadtwerken beschäftigt. Routiniert greift er nach der nächsten Tonne und hakt sie an dem Mülllader ein, der sie automatisch nach oben zieht, entleert und wieder herunterlässt. „Früher mussten wir die Tonnen selbst hochziehen. Mit der Vollautomatikschüttung geht das viel schneller.“
In Wohngegenden mit dichter Bebauung, in denen die Tonnen nahe beieinander stehen, läuft Wolfgang Krieg mit Robert Runschke hinter dem modernen Müllwagen her. Auf das Trittbrett stellt er sich nur bei größeren Entfernungen. Aus der Fahrerkabine beobachtet Klaus Zinn seine Kollegen über einen Monitor. Ohne große Mühen rangiert er das Drei-Achsen-Fahrzeug rückwärts in eine enge Wohnanlage. Der Bordrechner auf dem Dach überwacht jeden Schritt genau. Die Rückfahrkamera und drei Spiegel verhindern, dass sich jemand im toten Winkel befindet und übersehen wird. „Das ist reine Übungssache“, sagt Klaus Zinn. „Es gibt auch Situationen, in denen Autofahrer noch schnell an uns vorbei wollen“, sagt Zinn. Wenn das dann nicht mehr klappe, drängelten manche, hupten und schimpften auch mal. 80 Prozent der Reaktionen seien aber positiv, sagt der Trupp von der Müllabfuhr. Oft stünden die Kinder am Fenster und winkten. Manchmal kämen sie auch zum Wagen und wollten ihnen die Hand schütteln. „Man kennt sich mittlerweile“, sagt Zinn.
Immer wieder gebe es Menschen, die vergessen hatten, ihre Tonnen herauszustellen und dann noch auf den letzten Drücker ihren Müll herankarrten. Solange sie noch dort seien, sei es für die Müllmänner kein Problem. Da wird der eiligen Frau, die im Nachthemd aus dem Hof gerannt kommt, auch schon mal die Tonne auf halbem Wege abgenommen. Er habe sich, so Krieg, an die tägliche körperliche Arbeit gewöhnt. Papier- oder Hausmüll seien auch nicht so problematisch, Biomüll aber reize die Nase an heißen Tagen.
Um sechs Uhr beginnt für Krieg und seine Kollegen im Sommer der Arbeitstag, im Winter um sieben. Weil sie schon so früh unterwegs sind, verlagert sich auch ihr Mittagessen auf elf Uhr. Feierabend ist um 15 und 16 Uhr. Davor fahren sie den vollen Müllwagen aber erst zur Abfallverbrennungsanlage nach Frankfurt in die Nordweststadt. Nachdem der Müll dort gewogen wurde, geht es zur Entladestation, wo sie schon mal bis zu einer halben Stunde anstehen müssen. Denn die meisten Müllwagen aus dem ganzen Rhein-Main-Gebiet kommen hier her. „Aus dem Müll wird Energie und Strom für die Nordweststadt gewonnen“, erklärt Zinn.