Bad Vilbel/Karben. Halt! Die Hand hoch, ein freundliches Lächeln, die Autoschlange stoppt. Heidi Jung aus Massenheim dirigiert an der Kreuzung Homburger und Kasseler Straße den Verkehr beim Ironman. Es ist der erste Einsatz für die Rentnerin (62) als neue Helferin im freiwilligen Polizeidienst. Sie und fünf weitere Kollegen wurden vergangene Woche offiziell in Dienst gestellt.
Vier der sechs Neuen werden ab sofort in Bad Vilbel Streife laufen, zwei von ihnen in Karben. In Bad Vilbel ist damit die Erweiterung des Polizeidienstes auf zehn Ehrenamtliche abgeschlossen. Und in Karben ist die zum 1. April neu eingerichtete Truppe mit sechs Köpfen komplett.
In fünf Wetterauer Städten sind damit 39 ehrenamtliche Helfer tätig. Kein Wunder, dass der Gießener Polizeipräsident Manfred Schweitzer den Weg bis Bad Vilbel auf sich nahm, um persönlich zu danken: „Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass Bürger in diesem Bereich freiwillig tätig werden.“ Diese Hilfe aber habe die Polizei nötig, obwohl sie in der Wetterau „sehr gut aufgestellt“ sei.
Die Präsenz auf den Straßen der Städte sollen die freiwilligen Polizeihelfer verbessern – als Ansprechpartner für Bürger, um kleine Probleme zu erkennen, um durch bloße Anwesenheit und Kontakt Unsicherheit vorzubeugen. In „Angsträumen“ könnten die Helfer den Bürgern ihre Unsicherheitsgefühle nehmen, erklärt Schweitzer.
Der Einsatz der Helfer habe sich bewährt, freut sich Bad Vilbels Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU). „Anfängliche Kritik ist inzwischen völlig verstummt.“ In Karben will Ordnungsstadtrat Jochen Schmitt (SPD) die Polizeihelfer in der nächsten Zeit in die erfolgreichen Präventionsstrukturen integrieren. Durch die „sehr gute Zusammenarbeit“ zwischen Polizei, städtischer Ordnungspolizei, Schulsozialarbeit, Jugendpflege und Arbeitskreis Tageswohnungseinbruch „haben wir schon eine sehr gute Sicherheitslage, was auch die Zahlen deutlich machen“. Laut Kriminalitätsstatistik ist Karben die sicherste Stadt unter den sechs größten im Kreis.
Die Gespräche am Gartenzaun zahlen sich aus. Auf solche Kontakte zu den Menschen freut sich Heidi Jung schon. Ebenso wie Friseur-Azubi Annica Zeller (19), Angestellter Ralf Köhler (46) sowie in Karben Angestellter Hans-Joachim Armbrüster (58) und Diplom-Mineraloge Tuncay Coban (33). Sie alle treten nun ihren Dienst an. Dafür bekommen sie sieben Euro Aufwandsentschädigung pro Stunde von der Einsatzkommune und leisten bis zu 20 Stunden.
„Erkennen, beobachten, melden“ sei ihr Credo, habe sie im 50-stündigen Lehrgang gelernt, berichtet Heidi Jung. „Ein kleines bisschen aufgeregt bin ich ja schon.“ Aber weil sie in ihrem Berufsleben als Marketingkauffrau und Fremdsprachensekretärin ständig Kundenkontakt gehabt habe, sei ihre Hemmschwelle, mit Menschen ins Gespräch zu kommen, niedrig. „Ich wollte schon immer mal was Soziales und für die Bürger tun“, sagt Heidi Jung. Als Rentnerin habe sie dafür nun Zeit.
Dass Bad Vilbel und auch Rosbach ihre Helfer-Teams aufstockten, „spricht dafür, dass sie gute Erfahrungen gemacht haben“, schätzt Polizeipräsident Schweitzer. „Mitnichten“ wolle die Polizei Aufgaben auf die Städte abwälzen – und auch nicht auf die Freiwilligen. Bestes Gegenargument: In diesem Jahr werden in der Polizeidirektion Wetterau 14 neue Polizisten eingestellt, zwei davon verstärken das Team der Bad Vilbeler Polizeistation. (den)