Begegnungen zwischen Christen und Muslimen? Die sind oft gar nicht so einfach in Deutschland. In vielen Freundeskreisen wird zum Glück längst nicht mehr nach der Religion gefragt, da gehören Menschen mit unterschiedlichem Glauben ganz selbstverständlich zusammen. Aber oft gibt es auch auf beiden Seiten Vorurteile, missbilligende Blicke, Angst, Ablehnung und Ausgrenzung.
Gesellschaftlich wird dann die Frage diskutiert: Gehört der Islam zu Deutschland? So hat es Christian Wulff in seiner Zeit als Bundespräsident formuliert. Oder sind es nur Menschen muslimischen Glaubens, die dazugehören, nicht aber ihre Religion an sich? Ist Deutschland auf der anderen Seite christliches Abendland? Oder längst grundlegend entkirchlicht, säkularisiert? Auf sprachliche Spitzfindigkeiten in dieser Richtung will ich mich nicht einlassen. Eine Antwort auf die genannten Fragen habe ich gleichwohl auch nicht. Aber Erlebnisse, Erfahrungen, in denen das Miteinander ganz unerwartet gelingt, über alle gefühlten Grenzen und Barrieren hinweg. So, wie neulich in einer ganz alltäglichen und eben doch besonderen Situation.
Beim Joggen traf ich auf ein orientalisch gekleidetes Paar mittleren Alters. Eines, von dem ich mit ziemlicher Sicherheit wusste, dass die nicht einmal meine Sprache sprechen. Von der andersartigen Kultur ganz zu schweigen. Trotzdem ein Gruß. Der stieß offenbar auf Unverständnis. Vielleicht dachten die, an denen ich vorbeilief, genau das gleiche: Der spricht ja nicht einmal unsere Sprache. Von der andersartigen Kultur ganz zu schweigen. Als ich ein paar Kilometer später wieder an ihnen vorbeikam, strahlten die beiden jedoch im ganzen Gesicht. Sie reckten die Daumen nach oben und feuerten meinen Lauf fröhlich an: „Go! Go! Go!“
In dieser kleinen Anekdote wird deutlich: Manchmal sind es Barrieren in uns selbst, die wir überwinden müssen. Was in der gesellschaftlichen Diskussion noch keine Antwort gefunden hat und von Einzelnen als Unbehagen formuliert wird, das erweist sich dann auf einer zwischenmenschlichen Ebene als Möglichkeit des Miteinanders über alle gefühlten – und oft eben auch nur eingebildeten – Grenzen hinweg.
An Ostern hat Gott alle Grenzen überwunden und macht uns Mut, das Gleiche zu tun. Wer weiß, vielleicht ist es seine Stimme, die ich leise höre, wenn ich mir das nächste Mal ein Herz fasse und innere Barrieren überwinde: „Go! Go! Go!“
Ihr Pfarrer Ingo Schütz
Ev. Christuskirchengemeinde Bad Vilbel