Die Situation der Flüchtlingsunterbringung in Bad Vilbel wird immer angespannter. Händeringend sucht die Stadt nach Möglichkeiten, Menschen ein Dach über dem Kopf anbieten zu können. Das könnte jetzt zum Nachteil der Dortelweiler Vereine geraten.
Bad Vilbel. Eher zufällig sei Friedrich Pauler, einer von drei Vorständen des Bildungsforums Dortelweil, in der Ortsbeiratssitzung am Mittwochabend gewesen. Doch was er hörte, überraschte und verärgerte ihn. Denn Sozialdezernentin Heike Freund-Hahn (FDP) gab bekannt, dass die Stadt prüfe, Flüchtlinge im ersten Obergeschoss und im Dachgeschoss der Alten Bürgermeisterei unterzubringen. Seinen Verein würde das hart treffen.
„Wir haben dort unter anderem ein Fotolabor, veranstalten Spielenachmittage, haben hier Material gelagert“, erklärt er – bei allem Verständnis für die Bedürfnisse der Menschen, die aus politischen Gründen ihr Land verlassen mussten. Auch die Volkshochschule biete hier etwa Lohnsteuerhilfe an.
Was Pauler ist verärgert, weil er von den Neuigkeiten auf diesem Weg erfahren musste. „In der Stadtverwaltung wird sicher schon länger über dieses Thema gesprochen. Man hätte uns früher einbinden müssen“, sagt er. Dezernentin Freund-Hahn beschwichtigt, die Vereine würden in Kürze über das Ergebnis der Prüfung informiert.
Keine Ghetto-Bildung
Doch derzeit müsse die Stadt nach jedem Strohhalm greifen. Im Rennen um die Anmietung des Hotels Lenz in der Oberurseler Straße habe man das Nachsehen gehabt, den Zuschlag habe hier das Berufsbildungswerk Karben (BBW) bekommen. Denn das muss ebenfalls Flüchtlinge unterbringen. Und zwar Jugendliche, die ohne Begleitung ihrer Eltern ins Land kommen und dann vom Land an Institutionen wie eben das BBW verteilt werden. Für Bad Vilbel falle dieses Objekt somit weg.
Ziemlich genau 100 Flüchtlinge befänden sich derzeit in der Stadt, „weitere 70 werden noch in diesem Quartal erwartet“, skizzierte Freund-Hahn. Um eine „Ghetto-Bildung“ zu vermeiden, sollen nun alle Möglichkeiten der Unterbringung geprüft werden, auch in den Stadtteilen. Es könnte auch sein, dass mit den Stadtwerken gemeinsam nach „sozialen Flächen“ im Besitz der Stadt geschaut werde, auf denen man Container oder Module zur Unterbringung aufstellen könne. Doch ein Umbau sei generell günstiger als die Anmietung oder gar der Bau von Containern und Modulen. Zumal zu erwarten sei, dass die Situation noch mehrere Jahre andauere.
Die Stadt lege bereits jetzt kräftig drauf, um ihre Flüchtlinge angemessen zu versorgen, die 7,30 Euro, die Bad Vilbel pro Tag und Flüchtling vom Kreis bekomme, reiche bei weitem nicht aus. Die Stadt hat deswegen auch Klage eingereicht (die FNP berichtete).
Ortsvorsteher Herbert Anders (CDU) wollte die Ankündigung aber auch nicht ohne weiteres auf sich bewenden lassen. Er forderte Freund-Hahn dazu auf, schnell das Gespräch mit den Vereinen zu suchen. „Die Vereine dürfen nicht die Leidtragenden sein“, stellte er klar. Es müssten alle Möglichkeiten geprüft werden, „bevor man den Vereinen Räume entzieht“.
Separater Zugang
Doch die könnte es sogar noch stärker treffen. Denn der Notfallplan der Stadt sehe vor, im Extremfall sogar Sporthallen in Beschlag zu nehmen, um sie für Flüchtlinge zu nutzen. Die Stadt sei wirklich überall aktiv, prüfe nun auch, ob man eine Lücke in bereits bestehenden Unterkünften in der Homburger Straße bebauen kann, um dort weitere Menschen unterzubringen.
Die Alte Bürgermeisterei allerdings biete sich schon an, um dort zwölf Flüchtlinge unterzubringen. „Der erste Stock und das Dachgeschoss haben einen separaten Zugang und sind auch brandschutztechnisch durch eine Feuertreppe auf dem neuesten Stand“, schilderte Freund-Hahn. Das Erdgeschoss könne weiterhin den Vereinen dienen. Und schließlich gebe es für Vereine auch noch das Kultur- und Sportforum sowie das neu hergerichtete Vereinshaus am Sportplatz.