Treibt der evangelische Kirchenvorstand in Petterweil Pachtsummen in die Höhe, nachdem Verträge mit sieben Bauern ausgelaufen sind? Eigentlich sollte ein neues Ranking mehr Transparenz bringen. Derzeit stiftet es eher Unfrieden.
Karben. Genau genommen gibt es im Stadtteil Petterweil seit geraumer Zeit nur noch einen Landwirt, der im Vollerwerb arbeitet, nämlich Bernhard Hanka. Ohne den Hofladen kommt der 65-Jährige aber langsam auch nicht mehr aus. Am Eckhardsgraben werden Kartoffeln, eigener Honig und grüner Spargel verkauft. Zudem besitzt Hanka eine Obstplantage. Einst wirtschafteten in Petterweil mehr als 30 Bauern.
Umso größer ist zurzeit die Aufregung unter sechs verbliebenen landwirtschaftlich tätigen Petterweilern. Mindestens zwei von ihnen müssen sich von Flächen verabschieden, welche der Kirchenvorstand ihnen bisher verpachtet hatte. Ihre bisherigen Pachtverträge sind nach neun Jahren ausgelaufen. Zum ersten Mal lässt das Dekanat Wetterau die Ausschreibung öffentlich laufen. Gleichzeitig hat sie fünf Kriterien aufgestellt, nach denen ihre Pächter künftig Punkte sammeln sollen.
Papier statt Gespräche
„Das Ranking muss vom Tisch“, sagt ein Nebenerwerbs-Landwirt, dem das neue Verfahren wahrscheinlich die Flächen kosten wird. Bewertet werden künftig nicht nur die Form der Bewirtschaftung (also konventionell bis ökologisch) sowie der Neben- oder Vollerwerb. Bis zu vier Pluspunkte gibt es im neuen Verfahren für Angebote, die höher sind als bisherige Preise, sowie für kirchliche Zugehörigkeit entweder zu der evangelischen oder anderen christlichen Kirche. Hinzu kommt soziales Engagement zum Beispiel als Ausbildungsbetrieb.
Bisher vergab der Kirchenvorstand in Petterweil von ihm verwaltetes Land ohne diese Kriterien – alle Pächter besprachen sich dabei am runden Tisch. An die Stelle dieser persönlichen Gespräche seien neue Bewerbungsformulare getreten, schimpft ein junger Landwirt, der bei der neuen Vergabe offenbar leer ausging.
Vor Preistreiberei warnt der Geschäftsführer des Regionalbauernverbands, Florian Dangel: „Lokale Landwirtschaftsbetriebe werden Probleme haben, auf ein höheres Preisniveau zu gehen und durch kapitalstärkere Unternehmer verdrängt.“
Pfarrer Michael Neugber, dem unzufriedene Landwirte natürlich schon die Tür eingerannt haben, kann die Aufregung verstehen, hält sich aber bedeckt: Üblicherweise koste die Pacht eines Hektars Agrarland in der Wetterau rund 400 Euro. „Nach letzten Angeboten bewegen sich unsere Preise zwischen 275 und 304 Euro weit unterhalb dem Marktdurchschnitt“, betont Neugber. Von Preistreiberei könne man nicht sprechen.
Klärung steht aus
Die letzte Entscheidung liege aber beim Dekanat Wetterau in Friedberg, fügt der Petterweiler Pfarrer hinzu. Ein klärendes Gespräch sei geplant. Solange die Aussprache aussteht, würden neue Pachtverträge „zurückgehalten“, versichert Neugber. Bereits vor zwei Jahren hatte die evangelische Kirche ihre Pächter darauf aufmerksam gemacht, dass ihre Verträge auslaufen.
Kritiker des künftigen Rankings glauben dennoch, dass in Petterweil zurzeit sozusagen Preisdruck „durch die Hintertür“ entsteht. Dort finde in ihren Augen derzeit ein Pilotversuch statt, um Kriterien für künftige Pachtverträge zu testen – und später auf weitere Wetteraugemeinden zu übertragen. Den Kürzeren zögen erfahrungsgemäß vor allem Nebenerwerbslandwirte: „Wenn das Beispiel in anderen Gemeinden Schule macht, wäre das ein herber Schlag für eine lokale Landwirtschaft.“