Im abendlichen Verkehrslärm am vergangenen Montag vor dem Alten Rathaus fand das stille Gedenken an die Judenpogrome vor 76 Jahren dennoch den rechten Ort.
Bad Vilbel. Damals, „am 10. November 1938 haben hier auf diesem Platz grölende Vilbeler Nazis und angesoffene Mitläufer ein Pogrom gegen die Vilbeler jüdischen Familien gefeiert, haben geraubt und gemordet“, so Rafael Zur, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde.
Auch wenn der Mordvorwurf gegenüber dem Brunnenbesitzer Simon Wechsler umstritten ist, bleibt Zurs Anklage, der Vilbeler Nachkriegsbürgermeister habe mit seiner Familie die Synagoge besetzt, die „dem Stadtbild gänzlich entzogen ist“. „Kein einziger Bürger“ habe 1938 Widerstand geleistet, bis 1980 sei jüdische Geschichte „nicht einmal erwähnt“ worden.
An der Gedenkfeier nahmen 40 Bürger teil, auch Bad Vilbels Stadtverordnetenvorsteher Herbert Anders (CDU) und Pfarrer Klaus Neumeier von der Christuskirchengemeinde.
Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU) betonte, das Gedenken an die Pogrome sei eine gemeinsame Veranstaltung von Magistrat und jüdischer Gemeinde. Es habe sich gezeigt, „wohin die Anfänge von Diskriminierung, von Hetze gegen vermeintlich andere“ führe. Stöhr verwies auf die bis Ende November im Kurhaus laufende Ausstellung „legalisierter Raub“, forderte Respekt, Achtung und Verantwortung. Vered-Rosa Zur-Panzer von der jüdischen Gemeinde mahnte, Gedenkveranstaltungen seien „Impuls des Innehaltens und Nachdenkens“. Die Totengebete El Mele Rachamin und Kaddish sprach der Bad Nauheimer Rabbiner Reuven Unger. (dd)