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Die Bremser

Sie wollen das regionale Einzelhandelskonzept jetzt doch überarbeiten (von links): Antje Herbst, Leiterin Abteilung Planung, Dezernentin Birgit Simon (Grüne), Frank Tekkiliç, Fachbereichsleiter Kommunikation/Gremien, und Ernst Kleinwächter, Bereichsleiter Mobilität. Foto: Fauerbach
Sie wollen das regionale Einzelhandelskonzept jetzt doch überarbeiten (von links): Antje Herbst, Leiterin Abteilung Planung, Dezernentin Birgit Simon (Grüne), Frank Tekkiliç, Fachbereichsleiter Kommunikation/Gremien, und Ernst Kleinwächter, Bereichsleiter Mobilität. Foto: Fauerbach

Mehr Rechtssicherheit, eindeutige Spielregeln und eine bessere Zusammenarbeit mit Kommunen wünscht sich der Regionalverband FrankfurtRheinMain. Um diese Ziele zu erreichen, sei eine Überarbeitung des Regionalen Einzelhandelskonzeptes (REHK) erforderlich.

Bad Vilbel. Die Überprüfung und Fortführung soll in Kooperation mit dem Regierungspräsidium erfolgen, erklärte Birgit Simon (Grüne), Erste Beigeordnete und für Planung zuständige Dezernentin im Vorstand des Regionalverbandes. Dazu müsse ein objektives Gutachten erstellt werden, denn Gutachter kämen in Prozessen zu viel niedrigeren Werten. Allerdings stehe zu diesem Punkt noch ein Votum der Verbandskammer aus.

„Es gibt einige Gründe, das seit 2008 eingeführte Konzept zu überarbeiten: Viele Daten müssen aktualisiert werden, es gibt neue Entwicklungen wie den stetig wachsenden Onlinehandel und natürlich auch den Fall Segmüller in Bad Vilbel, der eben auch eine juristische Überprüfung notwendig macht“, erklärte Simon. Sie betonte: „Mehr denn je müssen wir die Innenstädte mit ihrem Fachhandel stärken und eine wohnortnahe Grundversorgung sichern und damit einer Verlagerung des Handels auf die grüne Wiese Einhalt gebieten.“ Vor diesem Hintergrund sei das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes (VGH) im „Segmüller-Prozess“ ein Signal. Wie berichtet, lehnt die Regionalversammlung den Bau eines großen Segmüller-Möbelhauses in Bad Vilbel ab und legte Berufung gegen ein im Mai in Gießen gefälltes Urteil ein. Ein Verhandlungstermin beim vierten Senat sei noch nicht terminiert, daher werde in diesem Jahr auch keine Verhandlung mehr stattfinden, so Pressesprecher Harald Pabst, Richter am VGH.

Rechtssicherheit

Birgit Simon wünscht sich, dass die Ergebnisse des neuen Gutachtens bis Ende 2015 in das REHK eingepflegt sind und Rechtssicherheit bringe. „Diese Ergebnisse haben keine Auswirkungen auf die Segmüller-Ansiedlung in Bad Vilbel“, sagte die Erste Beigeordnete und Planungsdezernentin. Sie rechnet mit einem VGH-Urteil im ersten oder zweiten Quartal 2015.

Antje Herbst, Leiterin der Abteilung Planung beim Regionalverband, sagte: „Zum Gerichtsverfahren Segmüller kann nichts gesagt werden. Projekte dieser Größenordnung haben Auswirkungen auf alle 75 Städte und Gemeinden, deren Interessen wir vertreten und nicht nur, wie im Fall Segmüller, auf die Stadt Bad Homburg. Wir wollen einheitliche Standards haben, um Einzelhandelskonzepte vergleichen zu können. Heute werden Äpfel mit Birnen verglichen. Der Verband ist bei konkreten Bauvorhaben nicht zuständig, sondern Kommune, Kreis und Land. Der Regionalverband ist nur bei Planungen mit im Boot und kann Stellung nehmen.“ Deshalb wünsche sich der Regionalverband von Umweltministerin Priska Hinz, dass der Verband gehört wird, wenn eine überregionale Frage betroffen ist.

„Da die Nachfrage von Einkaufsmärkten und Discountern nach Gewerbegebietsstandorten ebenfalls unverändert hoch ist, besteht weiterhin regionaler Steuerungsbedarf“, sagte Simon. Sie wünscht sich eine Aktualisierung alter Gewerbegebiets-Bebauungspläne im Hinblick auf das REHK und eine Vereinfachung des Handlings für Kommunen. Geprüft werden müsse, ob Planungen raumverträglich sind. Dazu sei ein flächendeckendes Konzept erforderlich. Bestehende Gesetzeslücken müssten in Wiesbaden geschlossen werden, da sei der Gesetzgeber gefragt. Mit Blick auf die Liste des sogenannten „zentrenrelevanten Randsortiments“ sagte sie: „Gehören da noch Fahrräder, Leuchten und Lampen oder der Zoobedarf dazu? Da hat sich im Handel einiges verschoben“.

Bürgermeister Dr. Thomas Stöhr (CDU) begrüßt eine Evaluierung des REHK. „Das REHK-Konzept ist schräg. Es leuchtet nicht ein, dass Leuchten in die Innenstadt gehören.“ In Rheinland-Pfalz und NRW seien zehn Prozent der Flächen in Möbelhäusern für Neben-/Randsortimente zulässig. Das REHK-Konzept ist eine reine Verhinderungsplanung und zugleich ein Bestandsschutz für vorhandene Geschäfte.“ Gedanken müsse man sich über den Internethandel machen, der keine Sortimentsbeschränkung habe. „Die Diskussion muss vor den Gegebenheiten der heutigen Zeit geführt werden“, forderte Stöhr. Er informierte, dass die Gruppe von CDU und SPD im Regionalverband nach der Pressekonferenz die Aufnahme von Koalitionsgesprächen beschlossen habe. Simon hatte bereits zuvor mitgeteilt, dass die SPD-Gruppe die Koalition mit den Grünen aufkündigte. Sie sieht in der überraschenden Aufkündigung als Ursache Machtinteressen, die Sicherung von Machtoptionen. Inwieweit der Bruch Auswirkungen auf zur Entscheidung anstehende Themen haben wird, könne noch nicht vorausgesehen werden. Es gehe darum, dem Flächenfraß in der Region Einhalt zu gebieten. Einzelinteressen sollten nicht Entscheidungen für die Region dominieren. Die Strategie für die „Green City Frankfurt“ gelte auch für die „Green Region“ in Bezug auf Lebensqualität, gute Luft und Flächenverbrauch. Hierzu könne der Regionalverband beitragen.