Erst im kommenden Frühjahr verhandelt der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel den zweifachen Rechtsstreit zwischen der Stadt und der Regionalversammlung um die zulässige Größe des Nebensortiments des geplanten Segmüller-Möbelhauses. Dabei werden alle Argumente des bereits vier Jahre schwelenden Streites noch einmal neu bewertet.
Bad Vilbel. Es ist eine unendliche Geschichte, die hauptsächlich von Verwaltungsjuristen geschrieben wird. Bereits im Mai 2010 signalisierte Segmüller sein Interesse, direkt zwischen B3 und Nordumgehung auf 110 000 Quadratmetern Fläche ein Möbelhaus mit 45 000 Quadratmetern zu bauen. Ein 120-Millionen-Euro-Projekt, das bis zu 600 Arbeitsplätze, darunter 50 Lehrstellen schaffen sollte. Doch der Teufel steckt im Detail: Rund 6 000 Quadratmeter Nebensortiment waren geplant, doch der regionale Flächennutzungsplan deckelt die Fläche auf bloß 800 Quadratmeter – weit weniger, als alle Möbelhäuser im Umland aufweisen.
Ein erster Vergleich im Sommer 2013 kam auf 3 000 Quadratmeter, das Land Hessen stimmte zu, doch die Regionalversammlung blieb kompromisslos, legte Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichtes Gießen ein, das forderte, das Regierungspräsidium Darmstadt müsse neu entscheiden, weil die Beschränkung nicht ausreichend begründet sei.
Endlich Klarheit
Nun geht der Rechtsstreit in die nächste Runde. Die Regionalversammlung, als Kläger aber das Land, gingen vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel in Berufung. Dort hat schon 2012 die Stadt Bad Vilbel ein Normenkontrollverfahren beantragt. Darin soll geklärt werden, ob eine solche Einschränkung regionalplanungsrechtlich zulässig sei.
Das Normenkontrollverfahren solle im Frühjahr 2015 verhandelt werden, kündigt Katrin Lehman, Richterin und stellvertretende Pressesprecherin am VGH, an. Da gehe es um die grundsätzliche Frage, ob eine solche Satzung wie das Einzelhandelskonzept im regionalen Flächennutzungsplan wirksam sei oder nicht. Im Berufungsverfahren Stadt kontra Land kann der VGH als Tatsacheninstanz alle Argumente pro und kontra neu bewerten. Herauskommen kann die Zulassung einer bestimmten Sortimentsgröße – oder eine Zurückweisung. Möglich sei, dass der Senat beide Verfahren zusammenführe, so Lehman. Im Moment würden noch Schriftsätze gewechselt. Wenn der VGH eine Revision gegen seine Entscheidung zulasse, könne dann noch einmal vor dem Bundesverwaltungsgericht verhandelt werden.
„Wir stützen uns auf das Urteil des Verwaltungsgerichts“, betont Bad Vilbels Stadtsprecher Bastian Zander. Er beklagt die „ansiedlungsfeindliche Politik“ der Regionalversammlung, insbesondere aber das Veto aus Bad Homburg. Mit Segmüller stehe die Stadt in ständigem Kontakt, betont er, „wir stehen gemeinsam vor Gericht“. Neue Argumente für oder gegen die Ansiedlung und das Randsortiment gebe es nicht, so Zander.
Deutliches Veto
„Wir haben jetzt die kuriose Situation, dass das Land aufgrund seines Landesentwicklungsplans dem Möbelmarkt mit 45 000 Quadratmetern Verkaufsfläche inklusive 3 000 Quadratmeter für Randsortiment zustimmt und die Regionalversammlung nach dem untergeordneten Regionalplan dem widerspricht, indem sie weiterhin nur 800 Quadratmeter für zentralrelevantes Sortiment genehmigen wollen“, sagte Bad Vilbels Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU).
Direkt nach der Gießener Urteilsverkündung im Mai sah der Direktor des Planungsverbandes Frankfurt/Rhein-Main, Ludger Stüve (SPD), indes Nachbesserungsbedarf: „Die Überarbeitung des Regionalen Einzelhandelskonzeptes ist bereits in Arbeit. Das haben die Gremien bei uns und in der Regionalversammlung bereits im vergangenen Jahr beschlossen, weil die willkürlich gezogene Grenze von 800 Quadratmetern mit diesem wie auch anderen Urteilen vom Tisch ist.“
Bedeckt hält sich indes die Stadt Bad Homburg, deren Stadtverordnete bereits im November 2010 ein klares Veto gegen die Ansiedlung in ihrer Nachbarschaft einlegten. „Die Rechtsposition der Stadt Bad Homburg ist bekannt“, teilt Stadtsprecher Andreas Möring im Namen von Oberbürgermeister Michael Korwisi (Grüne) mit: „Äußern werden wir uns vor dem Gericht, öffentliche Vorab-Statements betrachten wir als unangebracht.“