Bürgermeisterin Conny Rück und die politischen Parteien möchten, dass die Entscheidung über einen Verkauf möglichst im Einvernehmen mit der Bevölkerung getroffen wird. Doch das könnte schwierig werden.
Schöneck. Obwohl sowohl Gemeindevorsteher Klaus Ditzel (SPD) als auch die Bürgermeisterin in der Bürgerversammlung gleich mehrfach zu Beginn darauf hingewiesen hatten, dass es sich an diesem Abend lediglich um eine Informationsveranstaltung handeln würde und dass noch keinerlei Beschlüsse zu dem möglichen Verkauf des Schlosses gefasst worden seien, kochte die Stimmung von Anfang an hoch.
Zwischenrufe wie „Warum sitzt denn hier ein Investor am Tisch, der schon ganz konkrete Pläne zum Um- und Ausbau hat? Offensichtlich werden wir hier doch wieder für dumm verkauft!“ oder „Behalten, behalten!“ störten immer wieder den Ablauf des Abends.
Sträflich vernachlässigt
Doch der Reihe nach. Zu Beginn wies die Bürgermeisterin auf die schwierige Lage der Gemeinde hin. „Wir haben derzeit ein Defizit von rund 2,5 Millionen Euro in unserem Gemeindehaushalt, das wir irgendwie zurückfahren müssen“. Mit der Folge, dass auf der Ausgabenseite gespart werden müsse.
Ein Architektenbüro habe zwischenzeitlich das Schloss begutachtet und sei zu dem Schluss gekommen, dass allein die Sanierung der Außenfassade 350 000 Euro kosten würde. Hinzu kämen die Instandhaltungsarbeiten im Inneren des Gebäudes. Auch hier gebe es einen erheblichen Sanierungsstau, wie der Architekt und Fachmann für Denkmäler, Martin Kubischek, mit Fotos deutlich machte.
Auf der anderen Seite würden die Schäden von Jahr zu Jahr größer, so dass dringender Handlungsbedarf gegeben sei. Seiner Meinung nach seien die Instandhaltungsverpflichtungen durch die Gemeinde in den vergangenen 25 Jahren sträflich vernachlässigt worden.
Eine Möglichkeit, das Schloss als „Blickfang und Juwel von Büdesheim“ zu erhalten, könnte der Verkauf sein, so Rück weiter. Ein Interessent, der sich mit der Sanierung von denkmalgeschützten Objekten bestens auskenne, sei der Investor Werner Dietz aus Schotten, der zusammen mit seinen Schönecker Architekten zu der Veranstaltung ebenfalls eingeladen war. Es könne sich im Schloss und im ehemaligen Schlossgarten, der derzeit für die Zufahrt zum Sportplatz und auch als Parkplatz genutzt wird, ein barrierefreies und betreutes Wohnen für Senioren in Form eines Mehrgenerationenzentrums vorstellen, sagte er.
Dazu müsse das Schloss entkernt und als Wohngebäude für rund zehn Wohneinheiten wieder hergerichtet werden. Im alten Schlossgarten, wo sich einstmals eine Scheune und Pferdeställe befanden und nach dem Krieg Baracken für die Flüchtlinge, sollen nach den Vorstellungen des möglichen Investor nun 40 weitere Wohneinheiten in transparenter Bauweise entstehen.
Obwohl noch keine konkreten Pläne, sondern nur Skizzen vorlagen, erregten sich viele Bürger, die meisten Anwohner der Zufahrtstraße zum Schloss über das Vorhaben. „Der Verkehr bricht doch jetzt morgens und abends zusammen. Wie soll das gehen, wenn noch weitere 60 Autos dazukommen?“, fragte ein besorgter Anwohner.
Andere wiederum äußerten die Befürchtung, dass die Neubürger wegen des nahen Sportplatzes schnell eine Bürgerinitiative gründen würden und dass dann der Sportplatz geschlossen werden würde. Als die Bürgermeisterin darauf antwortete, dass wegen der Finanzknappheit sowieso über die Schließung mindestens einer Sportstätte in der Gemeinde nachgedacht werden müsse, verstummte diese Kritikerin.
Dafür fragten andere nach den Plänen der Gemeinde für den Brendelsaal als Hochzeits- und Veranstaltungszimmer oder nach der Zukunft des Jugendclubs und der Demenzbetreuung. Auch dafür würden Lösungen gefunden, so die Bürgermeisterin, die fast an der aggressiven Stimmung verzweifelte.
Bürger wollen Namen wissen
Brenzlig wurde es, als einige Bürger unbedingt die Schuldigen für den Sanierungsstau genannt haben wollten. „Da muss doch einer im Rathaus dafür verantwortlich sein, dass so ein Gebäude nicht so verfällt“, meinten mehre Bürger. Und auch da konnte Bürgermeisterin Conny Rück die Frager nicht beruhigen. Die waren sich einig: Es sei die Politik gewesen, die die Instandhaltungsmaßnahmen hinausgeschoben hätten – bis es nun zu spät sei. (jwn)