Von einem nüchternen, zugewachsenen Kanal zu einem lebendigen, bunten Fluss: So soll sich die Nidda im Stadtgebiet wandeln. Die finalen Pläne für den Umbau hat die Stadt fertig. Bereits Anfang 2015 sollen die Bagger rollen und die Arbeiten beginnen.
Karben. „Soll das etwa weg?“ Anwohnerin Helga Feyer hält Gottfried Lehr ein Bild hin. Darauf ist der Niddaradweg zu sehen, dicht von Bäumen und Büschen bewachsen. Der Gewässerökologe räumt ein: „Ja, das wird erst einmal aussehen wie frisch vom Frisör.“ Er meint den Moment, wenn Anfang 2015 die Bagger für die Nidda-Renaturierung anrollen. Aus dem oft kerzengerade verlaufenden Kanal, der in den 1960er-Jahren geschaffen wurde, soll ein lebendiger Fluss werden. Kleine Buchten sollen entstehen, die Ufer abgeflacht, die Dämme ein paar Meter vom Fluss weg verlegt werden. Ihr Bett kann sich die Nidda dann zum Teil wieder selbst schaffen.
Zwischen dem ASB-Altenzentrum in Groß-Karben und dem KSV-Sportfeld in Klein-Karben will die Stadt den Fluss renaturieren. 1,5 Millionen Euro soll das kosten. Auf rund eine Million Euro Zuschüsse vom Land hofft die Stadt, bringt die restlichen Kosten in Form von Grundstücken ein.
Vor bald drei Jahren hatte Gottfried Lehr die Planung erstmals vorgestellt. „Seitdem hat sich noch einiges geändert.“ In diversen Bürger- und Anwohnerversammlungen, Ortsbeirats- und Ausschusssitzungen wurde sie diskutiert, mit den Fachbehörden abgestimmt. Aus allen Forderungen und Ideen goss Lehr die endgültige Fassung.
Neue Schleife
Die sieht nun, als größte Änderung, die „Nabu-Schleife“ vor: Einen neuen Hauptarm der Nidda in Höhe des Industriegebiets mit einer Insel und dem alten Kanalbett als Nebenarm. Die Idee dafür stammt vom Naturschutzbund Karben, der auch einen kleinen finanziellen Beitrag dazu leistet.
Lehrs Pläne vollführen einen Spagat: „Damit wir Fördergeld erhalten, dient diese Maßnahme der ökologischen Verbesserung des Flusses und einer Verbesserung des Hochwasserschutzes“, erklärt er. Bedenken von Anwohnern am Hessenring in Groß-Karben, dass ihre Häuser überflutet werden könnten, hat die Stadt mit weiteren Gutachten ausgeräumt. Für sie wird es mit größeren Auslaufflächen der Nidda sogar sicherer – auch weil die neuen Nidda-Dämme höher werden.
Alles wird zugänglich
Zugleich ist es Vorgabe der Stadt, dass die neue Nidda den Einwohnern zur Naherholung dient. Überall können Menschen zum Fluss gelangen. „Bisher verlaufen die Wege meist hinter dem Damm, der Fluss ist oft nicht einmal sichtbar“, erinnert Planer Lehr.
Aber wird das besser, wenn der Radweg noch weiter weg vom Fluss verläuft – auf dem neuen Damm? Werden sogar die Wiesen abgesperrt, wenn dort Schafe weiden? Das befürchten Jürgen Dreschel und Erwin Kraus von den Freien Wählern, als Lehr seine Pläne im Planungsausschuss rund einem Dutzend Bürger vorstellt. Auch bei der Renaturierung außerorts würden die Menschen ausgesperrt, erinnern sie.
„Nein, diese Bereiche werden fast immer begehbar sein“, widerspricht Gottfried Lehr. Die Vorwürfe seien einfach falsch, weist Bürgermeister Guido Rahn (CDU) die Kritik scharf zurück: „Wir machen das doch für eine bessere Naherholung unserer Bürger.“ Zum Projekt der Frankfurter Gerty-Strohm-Stiftung für den Klein-Karbener Abschnitt könne er nichts sagen. „Da liegen uns nicht einmal die Pläne vor.“
Erlebnispunkte später
Etwas fehlt noch in Lehrs Plänen: die seit Jahren geplanten Erlebnispunkte. „Wir müssen erst Renaturierung und Hochwasserschutz realisieren“, erklärt Lehr. „Das landwirtschaftliche Feintuning folgt danach.“ Allerdings seien die Standorte für die Erlebnispunkte grob eingeplant. Auch direkt hinterm Bürgerzentrum: Die Fläche dort ist sogar ganz aus der Planung herausgenommen. „Darum kümmern wir uns später“, sagt der Bürgermeister.
Denn es gebe viele Ideen dafür: „Wenn wir das noch Einarbeiten wollten, verzögert es die Planung wieder monatelang. Aber wir wollen endlich fertig werden und loslegen.“ Die Zeitschiene sei jetzt eng, erklärt Planer Lehr. Es sei nicht klar, wie lang noch Fördergeld fließe. „Wenn wir im nächsten Jahr bauen wollen, müssen wir bis 15. August alles fertig haben.“
Und zwei, drei Jahre später, das zeigten die Erfahrungen, werde die Nidda in Karben viel schöner sein als heute. Auch schöner, als es Anwohnerin Helga Feyer auf ihrem Bild zeigte. (den)