Warum verzögert sich der Start der Ganztagsgrundschule in Nidderau so lange? Eltern erzählen von ihrer Not, unter Umständen ihren Job kündigen zu müssen, wenn die Betreuung fehlt. Doch auch die Einrichtungen selbst haben Existenzängste.
Nidderau. Es ist ein Problem, das vor allem jungen Eltern auf den Nägeln brennt: die Betreuung ihrer Kinder im Grundschulalter. Die Kommunen ziehen sich aus finanziellen Gründen immer mehr aus dem Bereich zurück, was auch rechtliche Gründe hat.
Denn bei der Grundschulkinderbetreuung handelt es sich um eine freiwillige Leistung, die bei finanzieller Not der Kommunen einzustellen ist. Spricht man mit Betroffenen, wird schnell deutlich, dass eine Ganztagsbetreuung auch an Grundschulen grundsätzlich gewollt wird, die Umsetzung aber aus einer Vielzahl von Gründen stockt. So berichtet ein Rektor, dass der Anstoß für eine Ganztagsschule von den Eltern ausgehen müsse. Andere Lehrer berichten, dass es an ihren Schulen an geeigneten Räumen für die Nachmittagsbetreuung mangeln würde. Im Übrigen gebe es keine passenden Konzepte an den Schulen. Die seien aber Voraussetzungen, damit das Kultusministerium der Etablierung der Ganztagsschule im Einzelfall zustimmen würde.
Anfängliche Euphorie
Andere, wie etwa die Vertreter der Betreuungsvereine, sprechen offen von Existenzängsten für ihre Einrichtungen, sollte das Ganztagsangebot kommen. Wie schwierig die jeweilige Situation an den Schulen ist, davon erzählt ein Elternbeiratsmitglied. Die anfängliche Euphorie und das Interesse an der Ganztagsschule seien bei den Eltern ganz schnell der nüchternen Erkenntnis gewichen, dass seitens der Lehrerkollegien die Ganztagsschule mehr verhindert als gefördert werde. „Bis wir das an den Schulen durchgesetzt haben, sind unsere eigenen Kinder schon auf der nächsten Schule“, so eine Mutter mittlerweile stark desillusioniert.
Andere betroffene Eltern schilderten ihre Nöte, sollte es zu keiner Ganztagsbetreuung ihrer Grundschulkinder kommen. Dann müsste nämlich ein Elternteil, in der Regel die Mutter, ihr Arbeitsverhältnis kündigen, um ihrem Kind nachmittags das Essen zu machen und es bei den Hausaufgaben zu betreuen. Mit dem Wegfall eines Verdienstes würden dann aber manche Eltern vor dem finanziellen Ruin stehen.
Finanzieller Ruin
Auf welch großes Interesse das Thema stößt, zeigte auch eine Veranstaltung der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen in Nidderau, zu der über 80 Besucher kamen. Der Moderator an diesem Abend, Walter Rauch (SPD), machte den Vorschlag, einen Runden Tisch einzuberufen, um möglichst alle Interessen in die Diskussion einzubeziehen. Darüber hinaus schlug Rembert Huneke (SPD), Vorsitzender des Jugend- und Sozialausschusses, vor, Gespräche mit den Beteiligten und Interessierten auf der Ausschussebene zu führen, damit auch zugleich die Politik eingebunden werde.
Die SPD hatte daraufhin in der jüngsten Stadtverordnetenversammlung den Eilantrag gestellt, den Runden Tisch möglichst noch vor den Sommerferien umzusetzen. Das aber verhinderte die Opposition aus CDU und FWG. Sie wollen erst den von der Landesregierung angekündigten „Pakt für den Nachmittag“ abwarten, bevor weitere Beschlüsse dazu gefasst würden.