„Hallo, hallo“ riefen 48 Kinder aus der Gronauer Kita „Löwenburg“ und winkten voller Freude dem Gronauer Storchenpaar Fritz III. und Frieda zu. Die Storchendame warf von ihrem Horst in zwölf Metern Höhe aus einen neugierigen Blick auf die Besucher. Während Fritz III., der seit 2006 mit der Pariserin Frieda Junge in Gronau groß zieht, aufgeregt hoch oben in der Luft über seiner Familie kreiste.
Bad Vilbel. Unter den Besuchern waren mit dem Oberurseler Beringer Richard Mohr und dem Rendeler Unternehmer Helmut Mertins, zwei gute Bekannte der Storchenfamilie. Wie immer hatte Mohr die „Personalausweise“ für die vier Jungstörche mitgebracht. Vorsichtig näherte er sich auf der zum zehnten Mal kostenlos zur Verfügugn gestellten Arbeitsbühne von Mertins dem Storchenhorst.
Kurz bevor die Bühne sich der Kinderstube in luftiger Höhe näherte, verließ Frieda ihren Nachwuchs. Die vier Jungstörche fielen in Akinese (Totstell-Reflex) als ihnen Richard Mohr einen ELSA-Ring (European Laser Signed Advanced Ring) unterhalb vom Intertarsalgelenk (Sprunggelenk) am rechten Bein befestigte.
Mit diesem schwarzen laserbeschichteten Kunststoffreifen werden Störche in Deutschland seit 2003 beringt. In weißer Schrift ist in den Ring ein Buchstaben-Ziffern-Code (Ringnummer) gedruckt. Die Ringnummern sind senkrecht angeordnet und können auf diese Art mit einem Teleskop bis auf etwa 200 Meter Entfernung abgelesen werden. Der Ring wird in ungeraden Jahren am linken, in geraden Jahren am rechten Bein befestigt. Die Daten über Jungtiere und deren Ringnummern werden in den Beringungszentralen auf der Vogelwarte Helgoland (Wilhelmshaven), Hiddensee (Neuenkirchen) und Radolfzell gespeichert.
„Wir verwenden amtliche Ringe der Vogelwarte Helgoland“, berichtete Mohr. Durch die Beringung erhalten Vogelkundler aktuelle Erkenntnisse über das Brutgebiete, Flugrouten, Zugverhalten, Alter, Nachkommen, über Todesursachen und Überwinterungsgebiete der Adebar-Population.
Aus sicherer Entfernung beobachteten die Storcheneltern sowie die Drei- und Vierjährigen aus dem Gronauer Kindergarten „Löwenburg“ gemeinsam mit ihren fünf Erzieherinnen und einer Praktikantin die Aktion. Der Gronauer „Storchenvater“ Klaus Hermann fragte die Jungen und Mädchen wie sie die vier Störche nennen wollen. Die Kinder aus den drei Gruppen Bastel-, Bau- und Spielzimmer hatten sich zuvor auf die Namen Krümelchen und Charlie, die Vorschulkinder auf Mona und Anna geeinigt. Bei der Taufe auf der Gronauer Storchenwiese fehlten die Vorschulkinder. Sie besuchten gerade Christian Wenzel in seiner Metzgerei, um ihm beim Wurstmachen zuzusehen.
„Der Termin ist bei den Vorschülern sehr beliebt. Nach Besichtigung und Wurstherstellung steht zum Abschluss eine zünftige Brotzeit auf dem Programm“, erzählten die Erzieherinnen.
Beringer Mohr, der für die Regierungsbezirke Darmstadt und Gießen zuständig ist, erklärte den Kindern: „Eure vier Patenkinder sind gut genährt und schon bald flügge. Sollte es kein Unwetter mit Kälteeinbruch geben, dann müssten alle vier überleben. Ein Jungstorch braucht mindestens zehn Mäuse am Tag als Futter. Da hatten Fritz III. und Frieda viel zu tun, um ihren Nachwuchs satt zu bekommen.“
Kaum war die Beringung vorbei, kehrten die Storcheneltern auf den Horst zurück. Mit lautem Schnäbelklappern verteidigten sie ihren Nachwuchs und ihr Revier. Zwei der vier Jungstörche spritzten nach der großen Aufregung ihren Kot in hohem Bogen über den Nestrand. „Dieses Jahr ist ein sehr gutes Jahr für Jungstörche, das Wetter war viel besser als 2013“, freute sich Mohr. Unbd Helmut Mertins fügte hinzu: „Das Rendeler Storchenpaar hat ebenfalls vier Jungstörche und auch die Groß-Kärber Störche haben drei Junge.“ Ärgerlich findet er es, dass immer noch viele Hundebesitzer sich nicht an den bis 15. Juli bestehenden Leinenzwang halten und das ein Landwirt am 24. Mai beim Mähen einer Wiese nicht nur die Nester aller Bodenbrüter zerstört habe, sondern auch noch ein Rehkitz überfuhr.
Den hochinteressiert zuhörenden Kindern schilderte Mohr, dass viele Störche den Winter nicht mehr in Westafrika verbringen, sondern nur noch in den europäischen Süden, nach Spanien und Frankreich flögen. Einige Adebars wie Fritz und Frieda überwintern sogar in Deutschland.
Zur Belohnung gab es für jedes Kind einen leckeren Lutscher von den Erzieherinnen.
Das Gronauer Storchennest wurde am 7. März 2000 aufgestellt. Frieda bezog es mit ihrem ersten Partner am 2. April 2000. Seither dulden die Gronauer Störche keine Nachbarn in ihrem Revier. Zum ersten Mal wurde die Beringung der Gronauer Jungstörche von Michaela Ort, Beirätein des „Naussauischen Vereins für Naturkunde“ in Wiesbaden, für eine Botanische Kartierung dokumentiert.