Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordern die Aufstellung eines neuen, genehmigungsfähigen Ergebnishaushaltes für das Jahr 2014. Der vom Magistrat der Stadt vorgelegte Haushalt wurde von der Kommunalaufsicht Ende März nicht genehmigt und eine „vorläufige Haushaltsführung“ nach Paragraf 99 der Hessischen Gemeindeordnung (HGO) angeordnet.
Bad Vilbel. Danach dürfen nur noch finanzielle Leistungen erbracht werden, zu denen die Stadt verpflichtet ist oder die für die Weiterführung notwendiger Ausgaben unaufschiebbar sind. Unter anderem moniert die Kommunalaufsicht, dass die Stadt „ihre vorrangigen Einnahmebeschaffungsmöglichkeiten unzureichend ausgeschöpft hat“ und „zahlreiche Sachverhalte“ einer Genehmigung entgegenstehen.
Hintergrund dieser kommunalaufsichtlichen Anordnung an die Stadt ist ein Erlass des Hessischen Innenministers Peter Beuth (CDU) vom 3. März 2014. In diesem Erlass wird den Kommunen vorgeschrieben, dass vom Haushaltsjahr 2014 an kostendeckende Gebühren einzuführen sind. Wenn auch in Bad Vilbel die Gebühren für Wasser, Müll- und Abwasser kostendeckend sind, so sollen die Bürger mit einer „Straßenbeitragssatzung“ zusätzlich zur Kasse gebeten werden.
Nach diesem „Beuth-Erlass“ wird seitens der Kommunalaufsicht auch die Gewerbesteuer in Bad Vilbel von derzeit 300 Prozent als „nicht akzeptabel“ kritisiert. Die allgemein gültigen Hebesätze liegen bei durchschnittllich 340 Prozent. Des Weiteren steht der Betriebshof mit einer „erheblichen Unterdeckung“ auf der Mängelliste der Kommunalaufsicht, ebenso die Gebühren des Bestattungswesens. Damit nicht genug. Die Kommunalaufsicht verlangt die „Vorlage einer ausführlichen Stellungnahme zu den erheblichen Abweichungen der tatsächlichen Haushaltsergebnisse von den Ergebnissen der aktuellen Haushaltsplanung.“ Sie will einen „stichhaltigen Nachweis“ über den Ausgleich des Haushaltes angesichts der veranschlagten Grundstücksverkäufe im aktuellen Haushaltsjahr. „Die Erzielbarkeit der Einzahlungen“, heißt es im Schreiben der Kommunalaufsicht, „ist nachzuweisen.“
Der Fraktionschef von Bündnis 90/Die Grünen im Stadtparlament, Manfred Kissing, wertet diesen „Beuth-Erlass“ auch als ein „aus den eigenen Reihen in Wiesbaden angerichtetes zusätzliches Finanzdebakel“ für Bürgermeister Dr. Thomas Stöhr und den Magistrat. Kissing: „Wir haben seit Jahren auf die dramatische finanzielle Situation und die Untragbarkeit des strukturellen Defizits im städtischen Haushalt hingewiesen.“ Zuletzt im Januar anlässlich der Haushaltsdebatte.
Kritische Einwendungen seitens der Grünen gegen die „schlechte Planungsqualität der städtischen Haushalte“ seien in der Vergangenheit stets von CDU/FDP als „Gemeckere“ bezeichnet worden. Umso so kleinlauter sei heute die schwarz-gelbe Rathausfraktion, frohlocken die Grünen.
Für die Bad Vilbeler stehen nach diesem Erlass aus Wiesbaden massive Einschnitte in städtische Leistungen sowie Gebühren- und Steuererhöhungen ins Haus. „Uns ist klar, dass wir hierbei alle einbeziehen müssen“, sagt Kissing. Die bisherige „einseitige Klientelpolitik der CDU/FDP-Koalition“ habe abgewirtschaftet. Die Lasten des Haushaltsausgleichs müssten auf viele Schultern verteilt werden.
„Alles muss jetzt auf den Prüfstand und transparent in die öffentliche Diskussion gestellt werden“, sagt Kissing. Nach Auffassung des Grünen-Fraktionschefs dürfe es keine „Heiligen Kühe“ in Bad Vilbel mehr geben. Der Haushalt gehöre jetzt „in Gänze“ auf den Prüfstand, müsse neu aufgestellt und verhandelt werden.
„Der Kämmerer unserer Stadt ist in der Pflicht, Vorschläge zu machen, damit der Haushalt genehmigt werden kann“ erklärten der Vorsitzende der SPD–Fraktion, Walter Lochmann, und der Parteivorsitzende, Udo Landgrebe. Der Stadtkämmerer, Bürgermeister Thomas Stöhr, habe gut einen Monat Zeit gehabt, um das Schreiben der Kommunalaufsicht von Ende März zu beantworten. „Passiert ist nichts, weshalb der Haushalt der Stadt wohl als nicht genehmigungsfähig zurückgegeben wird. Die Kommunalaufsicht habe hier wenig Spielräume, der sogenannte Rosenmontagserlass des hessischen Innenministers, Peter Beuth (CDU), lege die Spielräume fest, präzisierten Lochmann und Landgrebe. „Die schwarz-gelbe Landesregierung hat den Kommunen tief in die Tasche gegriffen und auch die schwarz-grüne Landesregierung tut nichts, um die Finanzausstattung der Kommunen zu verbessern“, kritisieren Landgrebe und Lochmann. Als „erschreckend“ bezeichnen sie, dass bis jetzt noch kein Vorschlag für den städtischen Haushalt 2014 auf dem Tisch liegt. Man vermisse daher außerdem deutliche Sparsignale. (sam)