Karben. „Auch durch Lesen kann man sich die Welt erobern“, erklärt Konrektorin Heide Renker-Däumer bei der Eröffnung des ersten Lesetages an der Kurt-Schumacher-Schule (KSS). Höhepunkt der ganztägigen Veranstaltung am Montag ist der Besuch von bekannten Gesichtern aus Karben, die den Schülern vorlesen.
Es sei gar nicht so einfach gewesen, etwas Passendes zu finden, räumt Stadtrat Jochen Schmitt (SPD) ein. Schließlich liege die eigene Kindheit doch schon einige Zeit zurück. Die Lesenden sollen Literatur vorstellen, die sie in ihrer eigenen Kindheit begleitet hat oder Themen wählen, die für sie später von Bedeutung wurden.
Jetty Sabandar, Vorsitzende des Ausländerbeirates und gebürtige Indonesierin, ist in den Niederlanden aufgewachsen und lebt seit 27 Jahren in Karben. Sie stellt Lebenswege vor, die von „Frauen Arbeit Bildung“ (FAB) aus dem Wetteraukreis in Interviews aufgezeichnet und im aktuellen Buch „Anders als erwartet“ herausgegeben wurden. Aufmerksam verfolgen die Schüler der Klasse 10bR die bewegenden Schilderungen der Schicksale zweier Frauen aus dem Iran und der Türkei, die auf der Flucht vor staatlichen Repressalien oder dem eigenen Ehemann über Umwege nach Karben gekommen sind.
Ein Ergebnis der Pisa-Studie sei gewesen, dass man auch die Öffentlichkeit dafür sensibilisieren müsse, um den Kindern das Lesen wieder näher zu bringen, erklärt Herbert Debus, Leiter des literarisch und musisch-künstlerischen Aufgabenfeldes an der KSS. Wenn es gelinge, bei den Schülern die Lust am Lesen zu wecken, so biete sich dadurch eine Möglichkeit, sie in ihrer weiteren Lebensplanung zu beeinflussen. Die Rechnung scheint aufgegangen zu sein: Mit gespannter Konzentration lauschen die Schüler den Geschichten und Erzählungen, die ihre Gäste für sie ausgesucht haben. Außer Schmitt und Sabandar lasen Pfarrer Eckart Dautenheimer, Dorothea Fingerling vom Arbeitskreis Schule im Gesprächskreis Prävention der Stadt Karben, Frank Gnadl von der Stadtverwaltung, SPD-Bundestagsabgeordnete Nina Hauer, Adolf Koch, Stadtrat und Vorsitzender der Arge Kultur, Stadtverordnetenvorsteherin Ingrid Lenz (CDU), Baustadtrat Gerd Rippen (Grüne) und Bürgermeister Roland Schulz (SPD) vor. Koch führte die Leser in die Abenteuer von „Lederstrumpf“ von James Fenimore Cooper ein, Gnadl las aus Karl-May-Abenteuern und Stadtverordnetenvorsteherin Lenz aus „Die Wüstenblume“ vor, in der das Model Waris Dirie über schöne und traurige Seiten ihrer Kindheit in Somalia berichtet.
Die Schüler der Klasse 5dG ließen sich von den spannenden Abenteuern des Schlittenhundes „Buck“ mitreißen, die Jack London in „Der Ruf der Wildnis“ schildert. Stadtrat Schmitt wählte dieses Buch aus, das ihn in seiner Kindheit faszinierte. Gerne würde er die ganze Geschichte lesen, bekundete ein Schüler. Ein Buch sei spannender als jeder Film, sagte Lukas (11). Jana (11) meinte, beim Lesen eines Buches bleibe mehr Platz für die eigene Fantasie, da in Büchern weniger vorgegeben sei als in Filmen. Diese Erkenntnis ist für Lehrer Debus ein schönes Ergebnis.