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Alkohol sei schuld

Mit einem milden Urteil kommen die Randalierer aus dem Wetterauer Nachtbus davon. Obwohl sie der Justiz nicht unbekannt sind, müssen die jungen Männer aus Karben bloß Sozialstunden leisten. Weil, so die Richterin, die Tat nicht so schwerwiegend gewesen sei.

Karben. „So ist das halt im Nachtbus: Frühmorgens kommen die jungen Leute aus der Disco. In der Wärme steigt der Alkohol hoch, und es gibt Krach.“ In nüchternen Worten lässt Busfahrer Silvio M. vor dem Frankfurter Amtsgericht jene Nacht Revue passieren, in der drei junge Männer in der Nachtbuslinie von Frankfurt nach Karben ordentlich Radau gemacht hatten.

Sie zerstachen einen Sitzbezug, rissen zwei Nothämmer heraus, pöbelten andere Fahrgäste an und wollten auch noch die Kasse des Fahrers mitgehen lassen. In der gut zweistündigen Verhandlung bei Jugendrichterin Sigrid Christ stellt sich an diesem Donnerstag aber heraus, dass es außer dem Sachschaden von 653 Euro keine nachhaltigen Folgen gab.

Filmriss gehabt

Die beiden 21 Jahre alten Männer – ein Psychologie-Student, ein Aushilfskellner – werden verwarnt und mit je 50 gemeinnützigen Arbeitsstunden belegt. Der dritte, ein 19 Jahre alter Schüler, verschläft und kommt später. Er muss sich nun in einem gesonderten Verfahren verantworten.

Er wurde aber bereits dazu verdonnert, genau wie die Mitangeklagten den Schaden zu je einem Drittel wieder gutzumachen.

Die drei Männer hatten in der Nacht zum 14. Januar 2013 in der Frankfurter Innenstadt einen Zug durch die Gemeinde unternommen und dabei viel Alkohol getrunken. Um 3.40 Uhr bestiegen sie an der Friedberger Warte den Nachtbus Richtung Karben, wo die Männer wohnen.

Ohne dass der Fahrer etwas mitbekam, machten sich der Student und der Kumpel daran, die Nothämmer aus ihren Verankerungen zu reißen. Danach flogen Schaumstoff- und Stoffteile aus dem aufgeschlitzten Sitzpolster durch den Bus. Jetzt wurde der Fahrer aufmerksam, stoppte den Wagen in Dortelweil. Man fahre erst weiter, wenn die Polizei die Personalien der Krawallmacher aufgenommen habe, erklärte Silvio M.

Dies sollte jedoch eine gute Stunde dauern. Zwischenzeitlich versuchte der Student, in die Kasse des Fahrers zu greifen. Dieser hatte sich zuvor in den hinteren Teil des Fahrzeuges begeben, um andere Fahrgäste am Verlassen des Busses und dem Öffnen der Tür zu hindern. Vorn gab es derweil ein Gerangel: Fahrgast Lisa S. aus Bad Nauheim sprang auf, um den Karbener Studenten zu stoppen, der sich an der Kasse bedienen wollte. Um sie zu schützen, eilte ihr Begleiter aus Klein-Karben hinzu – und erhielt vom Täter eine Ohrfeige. Auch dieser wird an diesem Tag als Zeuge gehört und von den Tätern ebenfalls um Entschuldigung gebeten. Die beiden Mitangeklagten hatten im Vorfeld vorgebaut: Man habe sich beim Busunternehmen entschuldigt und die Wiedergutmachung zugesagt, hieß es.

Besonders zerknirscht wirkt der Student: „Ich bin entsetzt, wenn ich jetzt höre, was ich gemacht habe.“ Er habe in jener Nacht zeitweise einen Filmriss erlitten. „Ich kann meinen Alkoholkonsum wohl schlecht kontrollieren.“

Richterin: Asoziale Tat

Auch der Mitangeklagte äußert sich betont schüchtern: „Es stimmt schon, was Sie gesagt haben“, sagt er zu Oberstaatsanwältin Nadja Niesen, „es tut mir sehr leid.“

Das Bild von den ein- und erstmalig „mit einer derart asozialen Tat“ (so Richterin Christ) aufgefallenen jungen Männern relativiert sich aber beim Blick ins Vorstrafenregister: Der Kellner hatte sogar eine vorläufige Bewährung für einen Raubüberfall auf offener Straße laufen. Wegen des Urteils nun dürfte die in eine tatsächliche zweijährige Jugendstrafe auf Bewährung umgewandelt werden. Mit 15 Jahren war er zum ersten Mal wegen Sachbeschädigung aufgefallen.

Auch der Student kam wiederholt in Berührung mit der Strafjustiz, zuletzt „nur“ wegen Schwarzfahrens. „Sie sind im Studium ja noch am Anfang und sollten sich vielleicht einmal mit einem ausgebildeten Psychologen zusammensetzen“, sagt die Richterin. Sie wies die beiden Männer an, einen Termin bei der Suchtberatung wahrzunehmen. (ge)