Nicht jeder kann zu Silvester ausgelassen feiern. Für einen Berufszweig stellt der Jahreswechsel mit den zahlreichen Feten eine Herausforderung dar: die Polizei. Ein Besuch bei den für Bad Vilbel und Karben zuständigen Ordnungshütern im Bad Vilbeler Riedweg. Und eine Chronologie der lauten und bunten Nacht.
Bad Vilbel/Karben. Dienstagabend, 31. Dezember 2013, 18.30 Uhr. In den Räumen der Polizeistation Bad Vilbel im Riedweg beginnt für die Uniformierten eine lange Schicht, 12 Stunden wird sie dauern. Ihr Gruppenleiter, Polizeihauptkommissar Michael Pollesch (40), stimmt seine vier Einsatzkräfte auf die Nacht ein.
„Ich werde gleich mit auf Streife fahren, damit wir die Arbeit gleichmäßig aufteilen.“ Pollesch hat, wie in den Jahren zuvor auch, seit er in Bad Vilbel als Gruppenleiter arbeitet, für sein vierköpfiges Einsatzteam ein Silvesteressen vorbereitet. Der Polizeihauptkommissar hat den Satz: „Ich hoffe, es wird nicht wie im vergangenen Jahr, als ich eine Ente vorbereitet hatte, wir dann aber erst gegen vier Uhr am Neujahrsmorgen wegen der vielen Einsätze zum Essen kamen“ kaum ausgesprochen, als das Telefon klingelt.
Ein Anrufer erstattet eine Vermisstenmeldung. Es geht um eine ältere Dame, die wahrscheinlich orientierungslos umherirre. Schon ist es mit dem erhofften ruhigen Start und dem gemeinsamen Essen vorerst vorbei. Pollesch ordnet die Besetzung der beiden Streifenteams für die Nacht an und schickt das erste Team auf die Suche nach der Frau, die aus einer Seniorenresidenz verschwunden ist. „Fahrt erst einmal zu den Angehörigen und nehmt die Personalien der Frau auf“, lautet seine Anweisung. Zwei Beamte, Mirko Bode und Thomas Rumpf, sind schon unterwegs. Routine.
Normalerweise, so Pollesch, gehe an Tagen wie Silvester der Betrieb erst gegen 21 Uhr los. Dann erfolgten Präventiv-Fahrten mit den Streifenwagen zu Kneipen oder Veranstaltungsorten. Die Feiernden, erklärt er den Gedanken dahinter, sollten wissen, „dass die Polizei unterwegs ist und mit Kontrollen zu rechnen ist“. „Ich werde dann auch mit einem Zivilfahrzeug rausfahren. Vielleicht erwische ich so einen von den Burschen, die Böller in Briefkästen werfen“, sagt Pollesch.
Fremde Hilfe möglich
Gegen 23 Uhr führen beide Teams Streife, denn dann beginne der übliche Ernst der Nacht: Schlägereien, Unfälle und auch Brände durch Silvesterfeuerwerk, das sich „verirrt“ habe. „Wenn es zu Bränden kommt, werden wir fast immer wegen der Tatbestände fahrlässiger oder vorsätzlicher Brandstiftung hinzugezogen“, weiß Pollesch.
Bei umfangreicheren Schlägereien oder größeren Einsätzen, bei Verkehrsunfällen und Bränden bestehe die Möglichkeit, Hilfe aus der Kreisstadt Friedberg oder aus Frankfurt anzufordern. Deshalb werde die Station in Bad Vilbel in solchen Nächten nicht personell verstärkt.
Saftige Rindersteaks
In der Zwischenzeit ist die erste Streife erfolgreich von ihrem Einsatz zurück. Die ältere Dame konnte gemeinsam mit den Angehörigen gefunden werden. Und deshalb nutzt Gruppenleiter Michael Pollesch die Gelegenheit und bereitet für sich und seine Kollegen sein Silvestermahl zu: große, saftige Rindersteaks. Eine Stärkung für die bevorstehenden Stunden. Denn die könnten anstrengend werden.
Es tut sich in dieser Nacht jedoch erst eine Weile gar nichts. Dann, es ist 21.15 Uhr, geht ein Notruf ein. Bei einer Bewohnerin eines Hauses im Berkersheimer Weg in Bad Vilbel, die ihre Wohnung um zehn Uhr verlassen hat und um 21 Uhr zurückgekehrt ist, ist eingebrochen worden. Die ungebetenen Besucher haben Bargeld und Goldschmuck im Wert von 2500 Euro mitgenommen. Nachbarn haben zwischen 13 und 14 Uhr Verdächtiges vor dem Haus bemerkt: zwei 35 bis 40 Jahre alte und etwa 1,60 bis 1,65 Meter große Frauen. Eine ist dünn mit einem „verlebten Gesicht“, hat rötliche glatte längere Haare mit Pony. Sie trägt einen gelben Pullover und eine Jacke. Ihre Begleiterin soll Ende 30 sein, hat ein rundliches Gesicht und eine braune Pagenfrisur.
Drohung per SMS
Das alte Jahr neigt sich ohne weitere Vorfälle seinem Ende entgegen, das neue beginnt, im Protokoll um 0.03 Uhr, mit einer SMS. Darin kündigt eine Frau (50) aus Königstein ihrem Ehemann einen Suizid an. Weil es Berührungspunkte zu Bad Vilbel gibt, startet eine Streife los. Doch es werden keine neuen Fakten bekannt.
Das Jahr 2014 ist gerade fünf Minuten alt, als die Polizei von einer brennden Hecke neben parkenden Autos in der Behringstraße in Gronau erfährt. Ein Fall für die Feuerwehr. Um 1.06 Uhr hat sich, so ein Anruf, ein brauner Collie-Mix im Samlandweg auf dem Heilsberg vom Herrchen losgerissen. Hinweise zum seither verschwundenen Lärm-Flüchtling nimmt die Polizei entgegen.
Um 1.40 Uhr rückt die Polizei aus, weil sich mehrere Jugendliche im Krautgartenweg ins neue Jahr prügeln. Einer hat eine Anwohnerin gebeten, die Polizei zu verständigen. Eine Party ist außer Kontrolle geraten, ein Jugendlicher wird mit Gesichtsverletzungen in die Frankfurter Unfallklinik gebracht. Partygäste haben einen der Täter bis zum Eintreffen der Polizei festgehalten. Er wird festgenommen, kommt später wieder frei. Die Hintergründe sind vorerst ungeklärt.
Torkelnd auf der B 3
Um 2.40 Uhr meldet eine heimkehrende Familie einen Wohnungseinbruch in der Kasseler Straße. Die Tatzeit liegt zwischen 17 Uhr und 2.35 Uhr. Die Täter haben einem Kleinkind von sechs Monaten dessen Sparschwein zertrümmert und 500 Euro Bares, ein Weihnachtsgeschenk, gestohlen. Es ist 4.11 Uhr, als ein Anwohner der Homburger Straße meldet, dass die Scheibe seines geparkten Autos zerstört wurde.
Das Jahr 2014 ist sechs Stunden und 28 Minuten alt, als eine Polizeistreife aufbricht, um einen Menschen davor zu bewahren, unter die Räder zu kommen: Denn auf der Bundesstraße 3 von Groß-Karben in Richtung Okarben torkelt eine betrunkene Person auf der Fahrbahn. Es ist der letzte Einsatz dieser Schicht. Hauptkommisssar Pollesch und die Seinen können kurz darauf das Fazit dieser Nacht ziehen. Es besteht aus drei Wörtern: „Ein ruhiger Dienst“.