Das Jahr geht mit großen Schritten seinem Ende entgegen. Wenn ich darüber nachdenke, welche Themen es geprägt haben, fällt mir vor allem dieses ein: Geld.
Über das Haben und Brauchen, Ausgeben und Einnehmen, den Segen und den Fluch des Geldes wurde auf allen Ebenen viel gesprochen, nach meinem Eindruck mehr als in anderen Jahren. Der neue Papst Franziskus wünscht sich eine arme Kirche und kritisiert eine Wirtschaft, die sich nur an Wachstum und Geld orientiert, mit harschen Worten. „Diese Wirtschaft tötet“, heißt es in seinem neuen Lehrschreiben.
Anhand der Manager-Gehälter wurde gesellschaftlich diskutiert, wie viel man eigentlich in einer leitenden Position verdienen darf. Lediglich das Zwölffache eines durchschnittlichen Arbeiterlohnes in der entsprechenden Firma? Die Schweizer haben diesen Vorschlag per Volksabstimmung gerade zurückgewiesen. Aber wie viel dann? Ist auch das hundertfache noch angebracht, ist auch das dreihundertfache (wie es tatsächlich vorgekommen ist!) moralisch noch zu vertreten?Bei der Banken- und Staatenrettung wird mit Milliardensummen jongliert, zu denen wir längst jeglichen konkreten Bezug verloren haben. Und niemand weiß, ob das Geld nun wirklich ausreicht, um die Wirtschaft zu retten. Auch die Koalitionäre in Berlin haben Pläne geschmiedet, die Milliarden kosten. Zum jetzigen Zeitpunkt weiß noch niemand so genau, wo dieses Geld eigentlich herkommen soll. Und gleichzeitig wurde in diesem Jahr über die Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze diskutiert. Als ob die wenigen Euro mehr oder weniger etwas ändern würden an dem hinter der Armut liegenden Problem.
Was Geld wirklich bedeutet, das uns meistens nur durch abstrakte Zahlen in der Zeitung oder auf dem Kontoauszug vor Augen steht, das habe ich durch eine kurze Geschichte gelernt, die uns eine neue Perspektive darauf schenken kann. Sie erzählt von einem reichen Mann, der seinem Sohn zeigen wollte, wie arme Menschen leben.
Der Vater verbrachte daher mit seinem Sohn einige Tage bei einer sehr armen Familie. Als sie nach Hause kamen, fragte der Vater: „Verstehst du nun, was es bedeutet, arm zu sein?“ „Ja, das weiß ich jetzt“, sagte der Sohn. „Kannst du mir dann auch den Unterschied zwischen Arm und Reich erklären?“ Da antwortete der Sohn: „Ja, das kann ich: Wir haben nur einen Hund, aber die andere Familie hat vier. Wir haben einen kleinen Swimmingpool auf unserem Hof, aber sie haben einen ganzen See. Wir haben bunte Lampen in unserem Garten, aber sie sehen den ganzen Sternenhimmel. Wir haben einen Zaun um unser Grundstück, aber sie haben Freunde, die sie beschützen. Ich hatte geglaubt, dass wir reich sind und sie arm. Ich habe mich geirrt!“
Ihr Ingo Schütz, Pfarrer der
Evangelischen Christuskirche
Bad Vilbel