Langsam bekommen die Bürger den Sparkurs ihrer Stadt zu spüren. Nicht massiv, aber in den Kleinigkeiten wird’s teurer. Für angenehme Dienstleistungen sollen sie nun zahlen, die die Stadtverwaltung bislang kostenlos erledigte.
Karben. Familie Müller ist so etwas wie das Idealbild der Karbener Zuzügler. Zwei Kinder, beide Eltern berufstätig, sie haben sich auf ihre neue Heimat sehr gefreut. Vor anderthalb Jahren zogen sie in die Homburger Straße an der Grenze zwischen Klein- und Groß-Karben.
„Wir haben ein eigenes, bezahlbares Haus gesucht“, erzählt Mutter Diala (31). „Etwas, wo nicht jeder Nachbar in den Garten schaut.“
In Dortelweil waren den Vieren die Grundstücke einfach zu klein. Nun haben Tochter Leni (6) und Sohn Enno (4) schnell viele Gleichaltrige zum Spielen in der Nachbarschaft kennen gelernt.
So ist Mutter Diala zufrieden mit dem neuen Wohnort. Doch nicht immer sei sie zufrieden gewesen mit dem städtischen Service. „Da ist schon das eine oder andere geschehen.“ Ungenaue Auskünfte, Fehler in der Bearbeitung, „viele Kleinigkeiten“, sagt die Mutter.
All das nahm sie hin. Vor ein paar Wochen aber ging ihr die Hutschnur hoch: Im Kindergarten „Am Zauberberg“ in Groß-Karben las sie in einem Aushang der Stadt, dass die jährliche Bescheinigung fürs Zahlen der Kindergartengebühren „leider nicht mehr kostenlos“ ausgestellt werden könne. Sie solle ab 2014 nun 15 Euro Gebühr kosten.
„Ich verstehe nicht, warum man dafür eine Gebühr nimmt“, ist Diala Müller sauer. Die Bescheinigung sei fürs Finanzamt wichtig: „Nur die Betreuungszeiten sind steuerlich absetzbar, aber nicht die Mit-tagessenszeit oder andere Zuschläge.“ Ohne Bescheinigung frage das Finanzamt jedes Mal nach, sagt Müller. Sie vermutet hinter dem Vorgehen der Stadt: „Die wollen wohl keine Anfragen mehr haben.“
Außerdem, habe sie gehört, könne sie nun auch die Betreuungszeiten in der Kita nicht mehr kostenlos wechseln, sondern nur noch gegen 20Euro Gebühr. Das sei „nicht bürgernah“, findet Müller. „Immer nur Gebühr, Gebühr, Gebühr.“
Wenig Personal
Was das Wechseln der Betreuungsmodule in den Kitas betrifft, widerspricht Bürgermeister Guido Rahn (CDU) dem Gerücht: „Das ist weiterhin zweimal im Jahr kostenfrei möglich.“ Nur wer öfter wechseln wolle, müsse dafür jeweils zahlen. Bisher hätten Eltern, wenn sie weniger oder mehr Betreuung für die Kinder benötigten, oft kurzfristig Module zu- und abgebucht.
Jede Änderung sei aber für die Verwaltung „ein Riesenaufwand“, erklärt Rahn. Mit der Gebühr sollten die Eltern dazu gebracht werden, die Notwendigkeit der Änderung sehr ernsthaft zu überdenken – und den Mitarbeitern im Rathaus dann möglichst Arbeit ersparen.
Sparen aber, räumt der Bürgermeister ein, sei erklärtes Ziel in allen Bereichen. Deshalb verteidigt er die Gebühr von 15 Euro für die Kindergartenbescheinigung: „Das ist keine Schikane, um die Eltern zu ärgern“, beteuert Rahn. Sondern es solle der Verwaltung ermöglichen, „unsere Leistung aufrecht zu erhalten“, obwohl der Personalstand ein Minimum erreicht habe.
Die neuen oder zumindest höheren Gebühren sind in der Stadtpolitik breiter Konsens: Ende Juli hatten die Stadtverordneten einstimmig dem Vorgehen zugestimmt. 3000 Euro im Jahr erhofft man sich im Rathaus an Mehreinnahmen. Wichtiger noch sei, sagt Rahn, die Entlastung der Verwaltung.
Über die Jahrzehnte habe sich eine große Erwartungshaltung eingeschlichen, wonach im Rathaus alle möglichen Dinge einfach so für die Bürger erledigt würden. Das lasse die Finanzsituation der Stadt aber einfach nicht mehr zu: Bei teils massiv steigenden Kosten, Löhnen und Umlagen müsse die Stadt aktuell mit geringeren Einnahmen und Zuschüssen als noch vor fünf Jahren wirtschaften, warnt Rahn.
Sparen oder kürzen
So sei die Stadt vor die Wahl gestellt, entweder zu sparen oder Leistungen zu kürzen, beispielsweise die Horte „komplett zu schließen“, sagt der Bürgermeister. „Das würde eine halbe Million Euro sparen, wäre aber nicht sinnvoll.“
Entschieden habe sich die Politik deshalb fürs Sparen: „Wir erledigen Sonderwünsche gerne weiterhin, aber wir müssen für alles, was nicht unbedingt sein muss, unsere Kosten erstattet bekommen.“
Genau das sei bei Diala Müller der Fall: „Die Bescheinigung fürs Finanzamt macht es bequemer, aber sie ist nicht zwingend nötig“, erläutert der Bürgermeister. (den)