Seit 1920 wird der Bad Vilbeler Markt gefeiert. Nun – 193 Jahre später – werden zum größten Volksfest der Wetterau wieder mehr als eine viertel Million Besucher erwartet.
Bad Vilbel. Ihr „unterthängistes Nachsuchen“ hat der „Gemeinde Vilbel“ vor 193 Jahren die großherzogliche Erlaubnis gebracht „zwei öffentliche Vieh- und Krämer-Märkte“ abzuhalten. Und zwar „dergestalt, dass auf diesen Märkten sowohl Christen als Juden, In- und Ausländer freien ungestörten Handel und Wandel, jedoch ohne Betrug und Gefährde unter der erforderlichen Polizeiaufsicht, betreiben mögen“. So ließ es 1820 „Ludewig, von Gottes Gnaden Großherzog von Hessen und bey Rhein pp.“ in einem Privilegium vom Staatsrath Wreden besiegeln.
Längst abgelaufen ist die damals für drei Jahre aufgehobene „Befreiung von Zoll-, Weg- und Chaussee-Geld“ für das zum Vilbeler Markt gebrachten Viehs sowie der angebotenen „Krämer- Waaren“. Dies wird die Quellenstädter aber auch dieses Jahr nicht davon abhalten, ihren Markt zu feiern und dazu Gäste aus der näheren und weiteren Umgebung einzuladen.
Festumzug mit Musik und Oldtimern
Und hoch her geht es seit 1977 auf dem Festgelände an der Büdesheimer und der Heinrich-Heine-Straße an insgesamt sieben Markttagen verteilt auf zwei Etappen über zwei Wochenenden mit Ruhetagen am Mittwoch und Donnerstag dazwischen. Der Viehmarkt hat sich in der Bezirkstierschau am Marktdienstag (dieses Jahr am 20. August) erhalten und aus dem „Krämermarkt“ ist ein Krammarkt geworden, auf dem mehr als 80 Kleinhändler und Gewerbetreibende mit Duftölen, Gewürzen, Korb- und Töpferwaren, aber auch mit neuesten Autowaschlotions und elektronischen Küchenhelfern sowie anderem mehr die Markt-Flaneure erwarten. Der Schwerpunkt des Marktes hat sich aber längst zum Volksfest entwickelt, bei dem die Schausteller mit hochtechnisierten Fahrgeschäften zu rauschhaften Höhenflügen und der Festwirt im großen Zelt sowie die anderen Marktschänken zu Geselligkeit in rustikalem Ambiente verführen.
Auftakt zum Bad Vilbeler Großereignis ist immer der Samstag vor dem dritten Sonntag im August und der fällt im Jahr 2013 auf den 17. August. Zwar öffnen die Fahrgeschäfte und Schaustellerbetriebe bereits um 14 Uhr, der offizielle Startschuss erfolgt aber erst gegen 17 Uhr, wenn dem Bürgermeister im Festzelt der traditionelle Faßbieranstich geglückt ist – und sowohl der amtierende Thomas Stöhr als auch seine Vorgänger waren bei dieser Amtshandlung immer erfolgreich. Zuvor wird das Stadtoberhaupt an diesem Tag jedoch den Festumzug der Vereine anführen, der sich ab 15.30 Uhr vom Ritterweiher aus durch die Innenstadt zum Festgelände schlängeln wird.
Verpatzte Hochzeit im rotierenden Kessel
Deutlich rasanter als die Fortbewegung beim Umzug geht es auf den Großkarussells auf dem Markt zu. Neu ist in diesem Jahr der „Original Rotor“ der Schaustellerfamilie Pluschies. Die Fahrgäste treten in einen drehenden Kessel und werden bei steigender Drehgeschwindigkeit schnell an die Wand gedrängt, kleben dann dort wie Fliegen. Und dann klappt auch noch der Boden unter den Füßen weg. Die Fliehkraft des Kessels übertrifft jedoch die Schwerkraft, so dass bisher allenfalls einige Nerven rissen, aber sonst alles gut ging.
Nicht ganz geklappt, hat eine Hochzeit, die im Rotor anberaumt war. Der Pfarrer war in der Mitte angeschnallt während Brautpaar und Gäste an der Wand „klebten“. Ausgerechnet als die Braut „Ja“ sagen wollte, klappte der Boden weg und sie schrie entsetzt „Nein“. Der Vollzug der Trauung musste dann vor dem Rotor mit festem Boden unter den Füßen aller Beteiligten nachgeholt werden.
Auf zum Hexentanz und ins Tal der Könige
Auch nichts für schwache Nerven ist der Flug im Hip-Hop-Fly, in dem die freiwillig zugestiegenen Gäste ähnlich wie im „Virus“ aus den Vorjahren in vielerlei Überschlag-Drehungen und -Windungen auf ihre Thrill-Instinkte getestet werden.
Im Vergleich dagegen fiel der „Hexentanz“ bei hartgesottenen Thrillsuchern schon unter den Begriff „Familyrides“. Gemeint ist damit ein tolles Fahrgefühl und doch magenverträglich, weil Überkopfkapriolen nicht vorgesehen sind. Hohem Tempo, abrupten Bremsmanövern und überraschenden Stopps werden auch die Fahrgäste im Jaguar-Express, Break-Dancer, Taumler und auf dem Drop-Zone-Turm ausgesetzt. Auch der gute alte Autoscooter und das Riesenrad haben nichts von seiner Beliebtheit verloren und werden selbstverständlich auf dem Vilbeler Markt nicht fehlen.
Mehr um Belustigung als um Thrill geht es auch bei den Crazy Bubbles und der Super-Mario-World. Zu Zeitreisen wird ins „Tal der Könige“ eingeladen. Das Abenteuerhaus in halber Originalgröße des Ramses-Tempels macht mit seinen vier Statuen schon von außen einen monumentalen Eindruck. Auf dem 245 Meter langen Grabgang lauern unzählige Gefahren, denn die alten Ägypter verstanden es, ihre Pharaonen mit eingebauten Fallen und Tricks zu schützen. Wer einen Gang durch die Etagen des Tempels wagt, der muss auch Überraschungen gefasst sein. Ein gutes Gleichgewicht muss haben, wer auf der Verrückten Leiter einige Sprossen in die Höhe kommen will.
Weniger schwierig, aber trotzdem abenteuerlich dürfte es für die Mädchen und Jungen werden, wenn sie auf einem der fünf Kinderkarussells hinter dem Lenkrad eines Feuerwehrautos, im Sattel eines wilden Pferd, auf einem fliegenden Drachen oder auf einem anderen fantasievollen Gefährt sich im Kreis drehen. Automatenwagen, Schieß-und Wurfbuden, Süßwarenstände und jede Menge weitere Imbissbetriebe runden das Angebot der mehr als 80 Schaustellerbetriebe ab, die in diesem Jahr wieder den Weg zum Bad Vilbeler Markt gefunden haben. (hir)