Demnächst sollen sich in Karben die Bürger an den Energie-Investitionen ihrer Stadt beteiligen können – und an den Gewinnen. Um das zu organisieren, hat die Stadt eine eigene Firma ge- gründet.
Karben. Ganz fein liegt der süßliche Geruch der Gärung in der Luft, wenn man direkt neben den riesigen Fermentern mit ihren grünen Hauben steht. Das leise Brummen des Blockheizkraftwerks prägt die Szenerie, übertönt alle Geräusche der Anlagen mit ihren Rohren, Verbindungen, Schornsteinen. Gerhard Cornelius (72) ist in seinem Element. „Naja, die Anlage ist schon klein im Vergleich zu denen, die ich so gebaut habe“, sagt er.
Doch die drei Fußballfelder große Biogasanlage an der Landstraße zwischen Groß-Karben und Heldenbergen ist keine ganz kleine. Hier wird aus Maissilage per Vergärung Gas gewonnen und damit Elektrizität erzeugt. Seit kurzem wird das in der Anlage aufbereitete Biomethangas auch direkt ins Gasnetz eingespeist, erklärt Jörg Weinhausen, Geschäftsführer der Biogas-GmbH.
Seit Ende Dezember fließt es durch eine 4,5 Kilometer lange Leitung und ins Netz des Netzdienstes Rhein-Main, einer Tochter der Mainova. Wer also in Rendel, Klein-Karben und im Umfeld Gas nutzt, bekommt faktisch welches aus der nahen Biogasanlage.
Seit Jahresbeginn ist die Biogasanlage das Terrain von Cornelius. Denn die Stadt hat ihre Beteiligungen an Energieprojekten in eine neue GmbH übertragen. Cornelius ist ihr Geschäftsführer – ehrenamtlich. „Wenn wir die Bürger beteiligen wollen, können wir nicht noch teuer einen Geschäftsführer bezahlen“, findet er. So habe er Ja gesagt, als ihn Bürgermeister Guido Rahn (CDU) fragte. „Ich unterstütze ihn gern.“ Er bringt Erfahrung mit: in ehrenamtlichem Engagement wie auch im Großanlagenbau. In den nächsten Wochen will Cornelius die seit langem angekündigte Beteiligung der Bürger an den Energieprojekten realisieren. Das soll über Darlehen geschehen, die die Bürger an die Energie-GmbH geben. Für eine feste Laufzeit von fünf Jahren zahlt die Stadt dann drei Prozent Zinsen. „Das ist besonders derzeit in der Tiefzinsphase sehr attraktiv“, sagt Cornelius.
Kompensation zahlen
Doch vor allem sei das Angebot „eine politische Frage“: Mit der Rendite zahle die Stadt den Bürgern „eine Kompensation“ aus für die Ökostromabgabe. Denn die helfe, von den Grünen durchgedrückt, nur denjenigen, „die Geld haben“, also neue Anlagen bauen könnten.
Schon ab 2000 und bis zu 10 000 Euro sollen sich die Karbener beteiligen können. Sie stecken ihr Geld in die Solaranlagen, die die Stadt für 800 000 Euro baute, sowie in die 30-prozentige Beteiligung der Stadt an der Biogasanlage mit 600 000 Euro Einlage.
Eine halbe Million Euro will die Stadt so einsammeln. Das frische Geld soll nächsten Projekten helfen, den neuen Windrädern westlich von Petterweil und bei Burg-Gräfenrode etwa. Ist das realisiert, sollen die Bürger mit einer zweiten Tranche an künftigen Gewinnen beteiligt werden.
Wobei die Stadt stets einen großen Anteil an der GmbH selbst „behalten“ will: „Wir müssen ja auch unsere Kosten rausbekommen“, erinnert Gerhard Cornelius, schließlich muss ein Mitarbeiter im Rathaus die Bücher führen. Anfangs werde wohl „ein kleiner positiver Betrag“ aus der GmbH in die Stadtkasse fließen, später wenigstens „eine gute fünfstellige Summe“, mit den Windräder vielleicht sogar noch mehr.
Starten kann die Darlehensvergabe erst, wenn die Bankenaufsicht Bafin dem Vorhaben zugestimmt hat. Über die Zeichnungsfrist werde die Stadt rechtzeitig informieren, kündigt Cornelius an. Der Geschäftsführer rechnet mit sehr reger Nachfrage. (den)