Die Entscheidung über den Haushalt nutzen die Fraktionen zum Abrechnen mit der Stadtregierung – die große Stunde der Opposition. Doch die hat’s schwer.
Karben. Nach gut einer Stunde Debatte meldet sich Guido Rahn (CDU) zu Wort. „So schlecht“, findet der Bürgermeister, „kann der Haushalt nicht sein. Wenn viel zu kritisieren wäre, wären ja mehr Anträge gekommen.“
Die Stadtverordneten aber halten sich mit Änderungswünschen zurück. Nur von den Grünen kommen vier Sparvorschläge. Mit weniger Geld für die Friedhöfe, die Straßen- und Gehwegsanierungen sowie Straßenverschönerungen wollen sie 105 000 Euro weniger ausgeben. Damit aber bleiben sie alleine, alle anderen stimmen dagegen.
Die Parteien haben den Haushalt gemeinsam bereits weitgehend so getrimmt, wie ihn die Koalition CDU, FDP und Freie Wähler letztlich gegen die Stimmen von SPD, Grünen und Linken durchsetzen. Darin steckt nämlich ein Sparkonzept aus höheren Steuern und Gebühren sowie Ausgaben- und Zuschusskürzungen. Das war nötig, weil die Stadt unter den Schutzschirm des Landes schlüpfte und nun um 16 Millionen Euro Altschulden entlastet wird.
So fällt es der Opposition nicht leicht, dem Bürgermeister und seiner Koalition Fehler anzulasten. „Sie bleiben Ihrer Linie treu und haben wieder Tafelsilber verkauft“, schimpft SPD-Fraktionschef Thomas Görlich. Die Erträge würden im Haushalt verfrühstückt, „Schulden nur alibimäßig abgetragen“. Görlich kommt auf 22,7 Millionen Euro mehr Schulden in sechs Jahren.
Verkäufe als Sucht
Mit dem Verkauf von Vermögenswerten „bewegen Sie sich auf dünnem Eis“, warnt Grünen-Fraktionsvize Rainer Knak die Koalition. Die Verkäufe zu nutzen, um das jährliche Defizit auszugleichen, „kann zu einer gefährlichen Sucht werden“. Knak geißelt das Vorgehen der Regierung Rahn, für die laufenden Defizite ständig mehr Kassenkredite aufzunehmen, während man die gewöhnlichen Schulden reduziere. Das seien „Taschenspielertricks“, und es sei „Wählertäuschung“.
Ähnliches wirft Görlich der Regierung vor: Bei der Erhöhung der Kita-Gebühren „haben sie den Eltern nicht die Wahrheit gesagt“. Diese trügen künftig nicht 20 Prozent der Kosten bei, sondern 27 Prozent, rechnet er vor. „Die Eltern übernehmen 18 Prozent der Kostendeckung“, kontert der Bürgermeister. Görlich arbeite mit falschen Zahlen, lege die Gesamtkosten in der Kinder- und Jugendarbeit zugrunde, also auch fürs Jukuz.
Von Rahn fordert Knak mehr Umsetzung von Ankündigungen. So stehe etwa das Geld für Radwegebau zum dritten Mal im Haushalt, „ohne dass auch nur ein Meter Weg gebaut worden wäre“. Ähnliches gelte fürs Kleinfeld in Rendel oder den Bus nach Bad Homburg. Und die 50 000 Euro fürs Rückmieten des Degenfeld’schen Schlosses in Groß-Karben nach dessen Verkauf sei „ein horrender Preis“.
Die „Sparorgie“ plündere öffentliches Eigentum aus, moniert Linken-Stadtverordneter Karlheinz Hofmann. Städte und Gemeinden würden von Bund und Land nicht ausreichend ausgestattet.
Sanierungsstau lösen
Die Koalitionäre genießen derweil ihre Erfolge. Die Nordumgehung wird gebaut, das Degenfeld’sche Schloss renoviert, das Bahnhofsgebäude ist saniert, ein Nachtbus fährt, die Stadt werde aus der Schuldenfalle befreit – „Pragmatimus und Entscheidungsfreude“ prägten die Politik der Regierung Rahn, lobt CDU-Fraktionsvorsitzender Mario Beck. Auch werde kein Tafelsilber verkauft, sondern würden mit den Einnahmen Werte geschaffen. In Kita-Sanierungen, -Neubauten, Tagesmütter sowie die Hallenbad-Modernisierung und die Energiewende werde investiert.
Damit nutze die Koalition die Einnahmen, um den Sanierungsstau aus rot-grüner Zeit abzuarbeiten, erinnert FW-Fraktionschefin Rosemarie Plewe. Sehr wohl habe Karben dabei Schulden reduziert: mehr als sechs Millionen Euro seit 2006 ohne Steuererhöhungen.
Für die Sanierung des Schlosses „bieten Sie keine Alternative“, greift Mario Beck die Opposition an. Die Politik der SPD hingegen werde von der Meinung der „Polit-Rentner“ Detlev Engel und Hans Puchtinger geprägt, die sich gegen den Schlossverkauf wenden. So lasse sich laut Beck immerhin „der Investitionsstau in Karben erklären“.
Trotz des Sparkurses werde die „Lebensqualität von Karben“ nicht reduziert, sagt FDP-Stadverordneter Oliver Feyl. Die Stadt sei „putzmunter; das ist es, was der Opposition nicht passt.“ (den)