Am Karbener Bahnhof haben die Bauarbeiten für Reihenhäuser auf dem ehemaligen Raiffeisen-Gelände begonnen. Doch die Anwohner in Kloppenheim sind nicht erfreut: Von der neuen Lärmschutzwand fühlt sich manch einer eingeengt – und gar in seiner Sicherheit am Bahnhof bedroht.
Karben. Abends, wenn es immer früher dunkel wird, sei es besonders unangenehm. Andrea Diemann steht am Nordende der Bahnhofsunterführung. Die sei nicht nur mit der jüngsten Sprayaktion unangenehm dunkel geworden. Kommt man heraus, geht der Blick auch noch, anders als früher, auf eine drei Meter hohe Lärmschutzwand. „Die“, findet Andrea Diemann, „ist doch der Hammer.“ Mit Lärmschutzwänden haben die Kloppenheimer schlechte Erfahrung gemacht. Entlang der Landesstraße nach Karben wurde vor zwei Jahren eine schroffe Betonwand hochgezogen, die das Neubaugebiet Sauerborn abschottet. „Jetzt haben wir noch so eine Mauer hier“, ist Hausfrau Diemann sauer. Viele, besonders ältere Anwohner fühlten sich regelrecht eingepfercht. „Sie trauen sich aber nicht, etwas zu sagen.“
Fünf, sechs Meter ragt die Wand aus der Baugrube auf dem Gelände der früheren Raiffeisen-Warenzentrale empor. Dort hat Investor Dirk van Hoek aus Bad Soden vor kurzem mit dem Bau von 24 Reihenhäusern begonnen. „Die Wand ist Vorschrift für das Baugebiet“, erinnert Ortsvorsteherin Marita Scheurich (CDU). Sie soll die künftigen Bewohner vor dem Lärm der Züge abschirmen.
Nach den vielen Jahren, in denen die Kloppenheimer freie Sicht über die Brache hinweg gehabt hätten, sei der Anblick sicher ungewohnt. „Aber wenn die Häuser erstmal fertig sind, sieht das viel besser aus“, sagt Scheurich. Und, das räumt auch Anwohnerin Diemann ein: Besser als die Betonwand am Sauerborn sehe der holzverkleidete Schutz am Bahnhof schon aus.
Furcht vor Kriminellen
Was aber die Furcht von Andrea Diemann und ihrem Mann Hartmut nicht schmälert: In der Dunkelheit bangen sie um die Sicherheit ihrer Tochter (22), wenn diese abends mit der S-Bahn heimkomme. Erst neulich sei plötzlich ein Mann dort hinter der Lärmschutzwand aus dem Gebüsch gesprungen. „Jetzt ruft unsere Tochter immer an, wenn sie aus der S-Bahn aussteigt, und wir telefonieren, bis sie zuhause ist.“ Die Wand, sagt Hartmut Diemann, könne Kriminellen gut als Versteck dienen.
Soziale Kontrolle habe es dort auch bisher nicht gegeben, erinnert Bürgermeister Guido Rahn (CDU); zu weit seien die nächsten Häuser weg. „Vielleicht bessert sich das sogar, wenn die neue Häuser bewohnt sind.“ Verständnis für die Sorgen hat er dennoch: „Ich verstehe das Gefühl von Unsicherheit bei den Menschen.“ Deshalb wolle er sich die Situation vor Ort anschauen. Eine bessere Beleuchtung könne eine Lösung sein und auch, diesen Bereich in die Videoüberwachung des Bahnhofs einzubeziehen, die bald installiert werden solle. „Da könnte man eine weitere Kamera aufstellen.“ Andrea Diemann fände das gut.
Die Baustelle aber nervt die Anlieger noch an anderen Stellen: Der viele Dreck, die vielen Laster dort, die viel zu schnell führen. „Und wo sollen die ganzen Autos der künftigen Bewohner langfahren?“ Etwa durch die enge Straße Am Hang, wo viele Schul- und Kindergartenkinder laufen? Längst suche man nach Lösungen, sagt Ortsvorsteherin Scheurich. So solle die Straße Am Hang zur Einbahnstraße werden. Im Vorgriff darauf will Uwe Axtmann, Leiter der Stadtpolizei, an der Ausfahrt der Straße kurzfristig einen Verkehrsspiegel installieren. (den)