Bad Vilbel. Obwohl viel über den bisherigen Sommer geschimpft, gejammert und gemault wurde, die Landwirte sind mit dem Wetter ganz zufrieden. „Die Kulturen haben das Wasser begierig aufgesogen“, sagt Kreislandwirt Herwig Marloff aus Reichelsheim. Insbesondere für die Zuckerrüben, den Mais und die Kartoffeln sei die hohe Feuchtigkeit günstig gewesen. „Wenn wir jetzt genug Sonne kriegen, steigt auch der Zuckergehalt in den Rüben, so dass mit guten Erträgen zu rechnen ist“, ergänzt der Dortelweiler Landwirt Manfred Lanz.
Auch das Getreide hat durch die feuchte Witterung keinen Schaden genommen. Im Gegenteil: „Die Körner sind gut gefüllt“, so Marloff. Das Getreide habe langsam reifen können, fügt Lanz hinzu. Allerdings beobachtet er, dass es nicht gleichmäßig reift – was allerdings auch an den unterschiedlich ausgesäten Sorten liegt.
Während in einem goldgelb leuchtenden Feld die Ähren förmlich nach dem Mähdrescher rufen, sind sie auf dem Schlag daneben noch grünlich. Dadurch muss nicht alles auf ein Mal gedroschen werden, sondern die Bauern können die Reifung abwarten. Das ist insbesondere für jene, die gemeinsam einen Mähdrescher nutzen, ein nicht zu unterschätzender Vorteil.
Pilze und Probleme
Etwas anders sieht’s bei ökologischen Betrieben wie dem Bio-Hof Buchwald in Nidderau aus. „Durch das kühle, regnerische Wetter hatten wir dieses Jahr mehr mit Pilzbefall zu kämpfen“, sagt Bäuerin Silke Vogel. Weil dagegen keine chemische Keule geschwungen wird, weiß man bei den „Ökos“ aber genau, was vorbeugend zu tun ist: „Das Getreide steht bei uns nicht so dicht wie bei den Konventionellen. Und durch den Wind hatten die Pilzkulturen dann auch keine Chance, sich auszubreiten.“ Da auf dem Bio-Hof nur Futtergetreide angebaut wird, ist das von existenzieller Bedeutung, damit die Tiere nicht krank werden.
Ob Öko oder konventionell: Ohne voneinander zu wissen, stapften Vogel und Lanz am Dienstag durch ihre goldgelben Felder, um Proben von den Ähren zu nehmen, damit der Wassergehalt bestimmt werden kann. Weil das Getreide in Silos gelagert wird, darf es nicht zu feucht sein. Sonst könnten sich Fäulnis oder Schimmel bilden.
Die Ermittlung der Feuchtigkeit ist simpel. Körner werden in ein Messgerät gefüllt und zermahlen. Dann wird Strom hindurchgejagt, der aus der Leitfähigkeit des Mahlguts den Wert ermittelt. „13 Prozent“ konnte Lanz ablesen. „Das ist eigentlich ideal.“ Etwas neidisch blickt die Öko-Bäuerin nach Dortelweil. „Bei uns sind’s zwischen 14,7 und 16 Prozent. Aber das geht mit guter Durchlüftung.“ Silke Vogels Mann Rainer saß in Nidderau ab 18 Uhr in der Kanzel, in Dortelweil war Ingo Lanz auf dem eigenen, 350 PS starken Deutz-Fahrzeug mit seinem 7,20 Meter breiten Mähwerk im Einsatz. Sein Vater Manfred und René Kretschmer aus Rendel, dessen Felder tags darauf an der Reihe waren, standen mit Traktoren und Hängern bereit, um den Weizen in etwa zehn Tonnen schweren Fuhren gleich auf den Lanz’schen Römerhof zu bringen. Durch einen Gitterrost rieselten die Körner unter Aufsicht von Herta Lanz vom Kipper auf ein Fließband, das sie in die Silos beförderte. „Ich gehe von einem Durchschnittsergebnis aus“, so Marloff.