„Nass“ war die durchgängige Antwort der Zuschauer auf die Frage, wie sie den Ironman 2012 finden. Zumindest während der ersten Fahrrad-Runde durch die Wetterau waren am Sonntag nur die härtesten Fans an die Strecke gekommen.
Bad Vilbel/Karben. Einige Sportfans haben weite Wege in Kauf genommen, um Freunde am „Heartbreak Hill“, dem als Herzinfarkt-Hügel berüchtigten Schöllberg-Anstieg in Bad Vilbel, anzufeuern. Unter ihnen sind Jörg, Anja und Susanne aus dem Saarland. „Ich weiß, wie wichtig es ist, dass man gerade an so mörderischen Punkten den Rückhalt und die lautstarke Unterstützung von Freunden spürt“, sagt Jörg, der selbst schon zwei Mal auf Hawaii dabei war.
Der Regen dürfte wohl auch der Grund dafür gewesen sein, dass die Athleten im Stadtteil Massenheim durch weitgehend leere Straßen fahren. Dabei hatten sich die Bewohner so gefreut, dass der Ironman nach zehn Jahren wieder die Strecke durch ihren Ort nimmt. Was hatten sie 2002 nicht alles auf die Beine gestellt, um den Radfahrern in bester Erinnerung zu bleiben. Bei 30 Grad sprühten sie mit ihren Gartenschläuchen einen Wasservorhang über die Homburger Straße, der die schweißgebadeten Sportler erfrischte.
Diesmal machen sich die Massenheimer auf ganz andere Weise nützlich, indem sie versuchen, Stürze am Apfelkreisel zu verhindern. Als nämlich die ersten Teilnehmer von Nieder-Erlenbach kommend den Berg hinunter zum Kreisel rasen und die enge Kurve in die Homburger Straße nehmen müssen, rutschen ihnen auf dem glatten Zebrastreifen reihenweise die Räder weg. Einige krachen gegen einen Laternenmasten, andere auf die Verkehrsinsel. „Ein paar haben sich böse zugerichtet“, sagt Manfred Pümpel. „Aber alle konnten weiter fahren.“
Zuschauer veranlassen über das THW, dass die gefährlichen Hindernisse wenigstens mit Strohballen gesichert werden. Zusätzlich zum Ordnungspersonal, das mit einer gelben Flagge warnt, mahnen Zuschauer direkt vor dem Kreisel durch Zurufe und Handzeichen, das Tempo zu drosseln.
Ute Birkmeyer vom Kultur- und Sportverein Klein-Karben ruft: „Und jetzt alle an die Stangen!“ Der Vormittag bringt Dauerregen und heftige Windböen mit. Die Zelte des KSV-Stimmungsnestes an der Ironman-Strecke mitten in Klein-Karben drohen wegzuwehen. „Umso wichtiger, dass man hier die Sportler anfeuert“, findet Corinna Gutting, die sich mit Plastik-Klatschhänden an der Rendeler Straße postiert hat.
Rosemarie Hock und ihre Freundin haben es sich im Trockenen vor der TV-Übertragung auf der Großleinwand gemütlich gemacht. „Nein, wir sind beide gänzlich unsportlich“, sagt Rosemarie Hock. „Aber wenn so ein tolles Ereignis hier in Karben stattfindet, wollen wir natürlich dabei sein.“ Die Stimmung ist gut unter den Ironman-Begeisterten, auch wenn viele von ihnen bereits seit fünf Uhr auf den Beinen sind.
Freiwillig für die Ironman-Sportler im Einsatz sind auch die Helfer an der Bahnhofstraße in Groß-Karben. Sechs Stationen bilden dort eine „Aid-Station“, zu deutsch Hilfe-Punkt. Dort können sich die Radfahrer mit Wasser, Power-Gel und Riegeln, Obst, belegten Brötchen versorgen. „Banane! Cola! Wasser!“, schreien die Einsatzkräfte entlang der Straße und strecken die Arme zu den vorbei rasenden Athleten hin. „Danke!“, ruft einer von ihnen im gelben Trikot, schnappt sich eine Bananenhälfte.
Nicht immer funktioniert die Übergabe. Flink sind Helfer mit einem Besen zur Stelle, damit nachfolgende Fahrer eine freie Fahrbahn haben. Katrin, Simon und Achim aus Karben wechseln sich ab mit dem Verteilen des Power-Obstes, der Riegel und Gel-Tütchen. „Die sind dankbar für alles, was sie bekommen“, berichtet Michael Emmel. Rund 3000 Päckchen Gel und 1500 Riegel werden sie an diesem Tag verteilen.
„Ich komme schon seit acht Jahren als freiwilliger Helfer“, erzählt Achim. „So wie heute Vormittag hat es noch nie geregnet.“ Doch dann kommt auf einmal, nach drei Stunden Dauerregen, von Südwesten her blauer Himmel zum Vorschein. Die nassen Straßen beginnen unter der Sonne zu dampfen. „Da sind wir sofort los“, erzählt eine Okarbenerin. Töchterchen Sophia ist rasch in die Gummistiefel geschlüpft und sitzt nun auf den Schultern von Papa Marcel, um das sportliche Ereignis aus nächster Nähe zu verfolgen. Direkt vor der Haustür.