Weil der Kreis seine Fördergelder streicht, stehen in der Wetterau 20 privat getragene Kleinkind-Kitas vor dem finanziellen Kollaps, die Trägervereine sind verzweifelt. Auch 21 kirchliche Kitas haben Existenzangst. Letztlich werden wohl die Eltern zur Kasse gebeten.
Karben. Shaun, das Schaf, ist zu allem fähig. Es bringt Lukas kräftig in Schwung. Der Dreikäsehoch erklimmt das Schaukelpferd in Form der Knetfigur und reitet, was das Zeug hält. Rund 25 Kinder wie Lukas werden jede Woche in der Spielgruppe Petterweil betreut. Der Verein ist ein Zusammenschluss von Eltern. Zwei bis fünf Tage lang können sie ihre Kinder von 7.45 bis 13 Uhr betreuen lassen. 13 Betreuungsplätze für Kinder von 18 Monaten bis drei Jahre bietet die Spielgruppe.
Eigentlich ist der Einrichtung eine blühende Zukunft beschert: Um die Kleinkindbetreuung auszubauen, will die Stadt Karben möglichst 20 Dreikäsehochs hier betreuen lassen und den Verein dabei unterstützen. Schon heute stellt die Stadt die Räume im Albert-Schäfer-Haus mietfrei zur Verfügung. Der Blaue Salon als Bewegungsraum ist gerade noch dazugekommen.
Doch die Mienen von Vereinschefin Nicole Schwegler und ihrer Stellvertreterin Elke Granzeuer sind sorgenvoll. In der Zeitung lasen sie, dass die Fördergelder gestrichen werden sollen. „Bisher haben wir noch keine Nachricht vom Kreis erhalten, nichts“, sagt Granzeuer. Dabei sind die Würfel längst gefallen: SPD, Grüne und FDP im Wetteraukreis haben enstchieden. Bei den Kitas fehlen nun 900 Euro pro Betreuungsplatz und Jahr. Das bringt nicht nur die Kitas der Kommunen in Not, sondern, bisher kaum beachtet, auch die von freien Trägern und Kirchen.
Abgesehen von 24 Kommunen in der Wetterau erhalten bislang auch 20 freie Träger und 21 kirchliche Kitas den Zuschuss. Das berichtet Kreis-Sprecherin Petra Schnelzer. Wie viele Betreuungsplätze genau der Kreis bisher derart unterstützt hat, konnte selbst die Sprecherin ad hoc nicht sagen. „Die müssen erst gezählt werden.“
Unter den kirchlichen Kitas sind auch die in Okarben betroffen. „Ehrlich gesagt, darüber haben wir uns noch gar keine Gedanken gemacht“, räumt Okarbens Pfarrer Eckhardt Dautenheimer ein. ´Gerade erst hat die Kirche in der Kita Im Niederfeld auf 20 Betreuungsplätze für Kleinkinder aufgestockt. Beim engen Finanzplan, der wohl nächstes Jahr im laufenden Betrieb überarbeitet werden muss, könne die Kirchengemeinde die fehlenden 18 000 Euro nicht aufbringen, sagt Dautenheimer. Da die Stadt ohnehin die Hauptkosten der Kita trage, geht der Pfarrer davon aus, dass von dort zumindest ein Teilbetrag übernommen wird.
Eltern und Kommunen
Stadtweit reiße der Kreis ein Loch von 130 000 Euro auf, schätzt Bürgermeister Guido Rahn (CDU). Für die städtischen Kitas will Rahn seinen Stadtverordneten vorschlagen, dass die Kommune das Loch zur Hälfte selbst stopft und für die andere Hälfte die Eltern heranzieht. Ihnen droht wohl ab März ein Gebühren-Plus von 20 Prozent. Zusätzlich werde die Stadt den freien und kirchlichen Trägern wohl mit 25 000 bis 30 000 Euro unter die Arme greifen müssen, so Rahn.
Auch dort drohen höhere Elternbeiträge. „Das ist schon ziemlich ärgerlich“, findet Dautenheimer, dass das Problem nun auf die Eltern abgeladen werde. „Viele sind ja auf die Betreuung angewiesen.“
Genau das ärgert auch die Eltern der Spielgruppe Petterweil. Sie wissen noch nicht so genau, wie es im kommenden Jahr weitergeht. Denn plötzlich klafft in der Kalkulation für 2012 ein Loch von 13 000 Euro. „Das Geld war fest eingeplant“, sagt Nicole Schwegler. „Das ist für einen so kleinen Verein nicht schön.“ Auffangen kann der Verein das aus eigener Kraft nicht. „Wir machen ja keinen Gewinn.“ Und die Rücklagen werden just dieser Tage fast komplett aufgebraucht, erklärt Elke Granzeuer: In den Weihnachtsferien beginnen in der Einrichtung Bauarbeiten. Küche und die uralten Sanitärräume werden endlich renoviert.
Ohne eine Lösung bedeutet der kurzfristige Wegfall des Zuschusses zwar prinzipiell, dass die Spielgruppe geschlossen werden müsste – so wie die übrigen privat getragenen Krippen. „Aber das wollen wir nicht“, sagt Vorsitzende Schwegler. Sie setzt darauf, dass die Stadt einen Teil der Summe übernimmt. Der Rest muss auf die Eltern umgelegt werden. Sie zahlen mit 225 Euro pro Kind und Monat schon mehr als die in Stadt-Kitas mit 170 Euro. Längst macht das der Spielgruppe zu schaffen: Da immer mehr günstigere kommunale Angebote öffneten, wichen viele Eltern dorthin aus, berichtet Nicole Schwegler. Die Spielgruppe hat daher ab März diverse Plätze verfügbar. Weitermachen wollen die Frauen aber auf jeden Fall. „Wir geben uns alle Mühe, die Entwicklung hier positiv fortzusetzen“, erklärt die Vorsitzende. (den)