Karben. Knapp eine halbe Stunde dauerte es, dann war der Autokonvoi aus Karben im Hessenwald hinter Ilbenstadt angelangt. Am Waldweg warteten alle auf Pilzexperten Wolfgang Schößler, der mit Lupe, Pilzmesserchen und einem Karton voller Exponate die Gruppe um sich sammelte. „Heute werden wir vermutlich keine Pilze finden“, sagte er und ein enttäuschtes Raunen ging durch die Gruppe. Waren sie doch alle gerade deswegen hierher in den Hessenwald gekommen. Doch Schößler war noch gar nicht ganz fertig mit seiner einleitenden kleinen Pilzkunde: „Was Sie finden, ist der Fruchtkörper des Pilzes, ein Teil des Organismus’, der sich unterirdisch ausbreitet“.
Schößler lässt ein schwärzliches Gespinst herumgehen, die getrockneten Myzelien (unterirdische Gewebezellen) eines Hallimaschs, der als vielköpfiger Hutpilz lebendes und totes Holz befällt. „Die Hallimasche bitte nur gut geschmort verspeisen, sonst gibt es heftige Bauchschmerzen“, warnt Schößler vor diesem beliebten Speisepilz, der oft als ganze Pilzkolonie an Baumstümpfen zu finden ist. Vorsicht sei überhaupt geboten beim Pilzesammeln und Verspeisen, denn die Formen- und Farbenvielfalt mache es Laien schwer, die Pilze exakt zu bestimmen. „Schmecken, riechen und darauf achten, unter welchem Baum ein Pilz wächst“, rät Pilzexperte Schößler und macht’s vor.
So schneidet er ein Stück von einem kleinen Hutpilz ab, den er als Täubling identifiziert hat, kaut darauf herum, spukt aus. „Schmeckt es bitter und scharf, nicht essen. Schmeckt es mild und nussig, dann handelt es sich um einen Verwandten, den essbaren Milchling“, erklärt er.
Suchen und umzingeln
Doch wer sich soweit noch nicht in die Pilzkunde eingearbeitet hat, dem empfiehlt Schößler die „Röhrlinge“. „Unter ihnen gibt es keine schwergiftigen“, sagt er. Das röhrenförmige Fruchtgewebe unter dem Hut habe dieser Gattung den Namenszusatz „Röhrling“ beschert. Beliebt und bekannt bei vielen Pilzsammlern sind die Steinpilze, die Butterpilze und die Maronen. Unangenehme Erfahrungen haben dagegen manche schon mit dem Gallenröhrling und dem giftigen Satanspilz gemacht, erkennbar an seinen rötlichen Röhren. Zum Schmoren in der Pfanne eignet sich dagegen der Butterpilz und Goldröhrling. Zwei Exemplare hat Schößler mitgebracht und stellt sie vor. Dann gibt er endlich das Startsignal für die Pilz-Exkursion in den Wald. „Suchen, umzingeln, angucken und stehenlassen“, sagt er noch, bevor es losgeht. Das mit dem Stehenlassen klappt allerdings nicht so ganz, denn wer würde einen jungen, frischen und appetitlichen Steinpilz verschmähen? Begeistert nimmt Schößler den Steinpilz unter die Lupe, weist auf das weiße erhabene Gitternetz am Stil hin und gibt ihn herum. Zum Schluss landet der Steinpilz in der Stofftasche von Elfriede Kühnel, die sich schon auf ihr Pilzgericht mit Knödeln freut. Einen Rotfuß-Röhrling hat sie schon eingesackt und hofft noch auf weitere leckere Speisepilze. „Was haben wir denn da?“, ruft Schößler aus und wedelt mit einem zarten weißlich-blässlichen Hutpilz. Deutlich erkennbar ist das knollenförmige Ende des Stieles.
Da hat doch jemand tatsächlich einen Knollenblätterpilz gefunden. „Riecht deutlich nach Kartoffeln“, sagt Schößler und identifiziert den Pilz als nicht essbaren, gelben Knollenblätterpilz, leicht zu verwechseln mit dem hochgiftigen grünen Knollenblätterpilz. Jede Menge Milchlinge und Täublinge werden noch gefunden, doch mitnehmen mag sie niemand, obwohl darunter auch essbare Sorten sind. Auch das Eselsohr wird verschmäht, das je nach Standort essbar oder nicht essbar ist. Dagegen sind die Röhrlinge beliebt und Familie Seurer hat schon drei Exemplare dank der eifrigen Suche von Sebastian (9) und Konstantin (7) gefunden. Wie sie die Pilze essen wollen, wenn sie zu Hause sind? Vielleicht mit Rührei, überlegt Christine Seurer, während Sebastian und Konstantin schon wieder ausschwärmen. (ado)