Bad Vilbel. „Wir beschäftigen uns mit denen, die hinten rausfallen“, sagt Freya Plashues, die Vorsitzende des Deutschen Kinderschutzbundes (DKSB) in Bad Vilbel. Und da sei auch Bad Vilbel trotz anderslautender Ansichten längst kein Hort der Glücksseligen mehr.
Eigentlich gäbe es für die Kinder in der Stadt viel zu tun, doch die etwa 40 Betreuer des Vereins mit 120 Mitgliedern müssen sich auf das Wesentliche konzentrieren. Es gibt zwei Tage die Woche eine Kleinkindbetreuung, den Erziehungskurs „Starke Kinder – Starke Eltern“ und Sprachkurse für Mütter. Hauptaufgabe und Markenzeichen der Vilbeler ist jedoch die Schülerbetreuung. Für diese „sozialpädagogische Hausaufgabenhilfe für Kinder mit wenig Chancen“, so Plashues, wird viel Platz gebraucht. 31 Grundschüler und 32 aus weiterführenden Schulen werden montags bis donnerstags betreut – in Gruppen von je vier Kindern. Das sei jene individuelle Förderung, die die Schulen nicht leisten können, betont Plashues. Über 90 Prozent der Kinder kommen aus Migrantenfamilien. Bis vor zehn Jahren waren es vor allem Haupt- und Realschüler, erinnert sich Karin Holzheimer, die seit 30 Jahren in der Hausaufgabenbetreuung arbeitet – Kinder, die zu Hause keine Bücher hätten und vorgelesen bekommen, auch sonst dort nicht gefördert würden. Seit fünf Jahren kämen jedoch vor allem Kinder aus Gymnasien, die dort einem „unheimlichen Druck“ ausgesetzt seien.
Die Mehrheit der Kinder, aber auch die Lehrer kämen aus der Mittelschicht. Die könnten sich gar nicht vorstellen, was in den Familien dieser Kinder vorgehe, ergänzt Plashues. Da gebe es Mütter, die nie oder nur zwei Jahre zur Schule gegangen seien. Kinder, die nie im Zoo gewesen sind und deswegen nicht wie ihre Mitschüler verschiedene Vogelarten benennen könnten. Sie könnten nicht richtig Deutsch sprechen, seien zum Teil nicht im Kindergarten gewesen. Vorlesen und andere Anregungen fehlten. Da entstünden Defizite, „letztlich zahlen dafür die Steuerzahler hinterher“, merkt Plashues kritisch an.
In den beiden neuen Räumen, die der Kinderschutzbund im Dachgeschoss nutzen kann, war früher ein inzwischen aufgelöster spanischer Elternverein. Die Stadt stellt sie, wie die anderen beiden Räume, kostenfrei zur Verfügung. Außerdem wurde bei der umfangreichen Renovierung geholfen. „Wir bekommen die Hälfte der bisherigen Fläche dazu“, sagt Plashues. Doch ausweiten möchte sie die Betreuung nicht, vielmehr sollten die bestehenden Gruppen entzerrt werden. Oben ist jetzt auch Platz für eine Tischtennisplatte, um das Lernen aufzulockern, sowie erstmals ein eigener Raum für Elterngespräche – auch als Ausweichmöglichkeit, „wenn ein Kind ausrastet“ und mit einem Betreuer die Gruppe verlassen muss.
Das alles kostet mehr Geld, als der Verein einnimmt. 25 000 Euro im Jahr. Je knapp 5000 Euro kommen vom Kreis, der Stadt und den Einnahmen zusammen. Den Rest muss der Verein tragen oder Sponsoren gewinnen. „Die Akquisition von Spendengeldern ist mein Hauptjob“, seufzt Plashues. Und da alle Schulen, Kindergärten und über 80 Vilbeler Vereine das Gleiche täten, sei der Wettbewerb um Unterstützung mittlerweile sehr hart geworden. Immerhin: Der Lions Club Wasserburg will 3000 Euro spenden, der Zonta Club gab 1800 Euro. Das Geld sei gut angelegt, wirbt Plashues, es gehe direkt in die Betreuung.