Bad Vilbel/Karben. „Wir werden Einspruch einlegen.“ Für Michael Rohde aus Okarben ist das ausgemachte Sache. Er sitzt in der Versammlung, zu der das neue Frankfurter Aktionsbündnis „Bahn-Ausbau nur anwohnerkonform naturverträglich erschütterungsfrei“ nach Dortelweil eingeladen hat. Rund 120 Menschen sind ins Sport- und Kulturforum gekommen.
Die Frankfurter berichten ihren Nachbarn im Norden, wie sie selbst den viergleisigen Ausbau seit 2004 blockieren. „Wir wollen denjenigen unter die Arme greifen, die unterstützt werden wollen“, erklärt Michael Hub aus Eschersheim. Für den auf 180 Millionen Euro taxierten Abschnitt von Bad Vilbel bis Friedberg können noch bis zum 10. Oktober Einwendungen gemacht werden.
Über die Hilfe sind viele Anwesende froh. So wie Ingrid und Michael Rohde. Sie wohnen fast direkt an der Bahnlinie, nur die Bundesstraße liegt dazwischen. „Wir gehen davon aus, dass der Lärm der B 3 durch die Lärmschutzwände der Bahn zu uns zurückgeworfen wird“, sagt er. Wenn der Güterverkehr zunehme, „dann haben wir nachts noch weniger Ruhe“.
S 6-Ausbau nur ein Vorwand
Das ist das zentrale Argument des Aktionsbündnisses: „Der S 6-Ausbau ist nur ein Vorwand“, behauptet Vorsitzende Andrea Volkwein aus Eschersheim. Die Bahn wolle die Strecke zur Güterzugmagistrale ausbauen. Für das 600- Millionen-Euro-Projekt habe sie rechtswidrig keine Varianten geprüft und wolle Landesgelder zweckentfremden. „Wir müssen die gravierenden Einschnitte auf unser Umfeld und unsere Gesundheit verhindern.“
Michael Hub präsentiert Zahlen: Nach dem Ausbau sollten jeden Tag 136 Bahnen fahren, so viele wie heute. Während die Zahl der Regionalzüge bis 2025 um ein Drittel auf 106 sinken solle, sehe die Bahn 91 Güterzüge vor. Ein früheres Gutachten der Bahn habe für 2015 bloß 61 Güterzüge prognostiziert. Auch ziehe das Argument nicht, dass die Qualität der S 6 verbessert werde, findet Hub: Mit mehr als 96 Prozent Pünktlichkeit sei die Strecke bereits eine der pünktlichsten im Rhein-Main-Gebiet. Selbst das Umweltbundesamt (UBA) sehe „bis zu 200 Güterzüge täglich“ für die Jahre 2025 / 2030 voraus. Falsch sei auch, dass es Lärmschutz nur mit dem Ausbau gebe, sagt er: 2002 sei die Strecke im Lärmsanierungsprogramm der Bundesregierung enthalten gewesen. Lärmschutz ist Klaus Tille wichtig: Er wohnt 30 Meter von der Bahnlinie entfernt. Eine Einwendung werde er deshalb auf jeden Fall machen. Doch „wenn wir den Ausbau stoppen, bekommen wir auch keinen Lärmschutz“, fürchtet er. Denn auf eine freiwillige Lärmsanierung des Bundes „werden wir ewig warten.“
„Egal wo der Ausbau gestoppt wird, damit ist er gestoppt“, erklärt Michael Hub. Nachdem „die Stimmen des Protests leiser geworden“ seien, wolle man nun die Schlagkraft erhöhen, ergänzt Andrea Volkwein. Das scheint zu gelingen: Nach dem Abend vermeldet das Bündnis nun 50 statt zuvor zehn Mitglieder. (den)