Bad Vilbel. „Die Sache hat sich wesentlich dramatisiert“, erklärte der Ortsbeirat der Grünen, Peter Paul, seinen Antrag im Massenheimer Ortsbeirat. Früher sei der in den Sechzigerjahren errichtete Regenüberlauf, in dem sich die gesamten Abwässer des Stadtteils Massenheim sammeln, einmal im Jahr übergelaufen – „jetzt allein seit der Renaturierung im Sommer bereits sechs bis sieben Mal“, habe er beobachtet, betonte Paul. Der Grund: in den vergangenen Jahrzehnten sei Massenheim stark verdichtet worden, neue Wohngebiete seien entstanden und Sickerfläche sei versiegelt worden.
„Beim letzten Mal war die Schmutzwelle so stark, dass es mehrere Kubikmeter Kies und Sand aus dem Bachbett verfrachtete“, hat er beobachtet. Den Bach belasteten solche Abwässer erheblich, weil die Fäulnisstoffe zu einer enormen Sauerstoffzehrung führten und so Fischsterben verursachen könne.
Was besonders ins Auge sticht: etwa fünfzig Meter unterhalb der Einleitungsstelle wurde bei der Renaturierung ein breiter Zugangsbereich geschaffen, der vor den EHEC-Schreckensmeldungen intensiv von Kindern zum Spielen im Fluss genutzt wurde. Am Ufer seien noch heute die Toilettenpapierreste aus dem letzten Abwasserspülstoß erkennbar, so Paul. „Dies ist ein hygienisch unhaltbarer Zustand, den man eher ins Mittelalter verorten würde.“
Er schlägt als Konsequenz vor, ein Regenüberlaufbecken zu bauen. Das könnte bei Starkregen das Abwasser aus der Mischwasserkanalisation aufnehmen und zeitverzögert dort wieder zurück leiten. Ein vergleichbares Rückhaltebecken sei vor mehr als zehn Jahren in Nieder-Erlenbach unterhalb der Landesstraße 3008 errichtet worden.
In dem Grünen-Antrag wird gefordert, dass die Kosten ermittelt und eine Vorplanung erstellt werden solle.
Bauamtsleiter Erik Schächer räumte als Magistratsvertreter bei der Sitzung ein: „Die Stelle ist blöde wegen des Erlebnisplatzes.“ Mit dem Antrag habe er aber ein Problem, weil dort eine bestimmte Lösung vorgegeben worden sei. Besser sei ein Prüfantrag. Ein solcher wurde dann im Beirat auch einstimmig verabschiedet.
Auch CDU-Ortsbeirat Bernd Rockenfelt sagte, er habe schon Toilettenpapier am Erlenbach gesehen. „Da muss dringend etwas passieren“, mahnte auch Klaus Arabin, der für die SPD ein Mandat hat.
Um die Wasserqualität des Erlenbachs ging es auch in einem weiteren Antrag von Peter Paul. Es sei durch Untersuchungen des Frankfurter Gesundheitsamtes bekannt, dass die Frankfurter Fließgewässer – und so auch der Erlenbach – zum Teil erheblich durch coliforme Keime und teilweise auch Salmonellen belastet seien. Erschwerend komme hinzu, dass das Mischungsverhältnis im Sommer sehr ungünstig sei, da der Erlenbach ein leistungsschwaches Gewässer sei. Er bestehe im Sommer zu zwei Dritteln aus Kläranlagenablaufwasser, nur ein Drittel sei Frischwasser aus dem Taunus. Deswegen müsse dringend die Qualität des Ablaufwassers verbessert werden.
Man könne die Kinder nicht dauerhaft vom Bach fernhalten, und auch die Landwirtschaft nutze ihn zur Bewässerung. Deshalb solle die Qualität im Oberlauf, in der Kläranlage Ober-Erlenbach verbessert werden, etwa durch UV-Bestrahlung, Sandfiltration und eine Mikrosiebung.
Schächer stieß sich bei dem Antrag an der Formulierung Pauls „ins Benehmen setzen“. Das funktioniere nur bei aufeinander bezogenen Behörden. Die Stadt habe jedoch keinen Einfluss auf den Abwasserverband Oberes Erlenbachtal.
Doch die Ortsbeiräte sahen dringenden Handlungsbedarf. Da baute Schächer ihnen eine Brücke für die Antragsformulierung mit einer „ganz kleinen Änderung: ,in Kontakt treten‘“. Ein einstimmiges Votum des Ortsbeirates fordert nun von der Stadt, mit den Aufsichtsbehörden baldmöglichst Gespräche zu führen.