Es ist nicht so lange her, da bot uns ein befreundetes Ehepaar an, meiner Frau und mir die ungarische Hauptstadt zu zeigen. Er bestand darauf, uns an einem Schauspiel teilhaben zu lassen, das er selber vor einigen Jahren als überwältigend empfunden hatte. Wir sollten die Abenddämmerung auf der Freiheitsbrücke abwarten. Rechts versank die Stadt Pest in der Dunkelheit, links beleuchtete der Sonnenuntergang die Burg von Buda und langsam gingen die Lichter an, auf den Brücken, in den Straßen, auf den Berghängen, und spiegelten sich tausendfach in der dahinfließenden Donau. Das Panorama war tatsächlich beeindruckend – aber der Wind blies kalt und unser Freund war auch nicht zufrieden. Die Abenddämmerung, das Licht, die Spiegelung – nichts war so, wie er es damals erlebt hatte.
Ich versuchte ihn zu trösten und stellte die Behauptung auf, dass es Dinge gäbe, über die könne man nicht verfügen und könne sie somit beim besten Willen nicht an andere weiter geben. Das sei damals sein ganz persönliches Erlebnis gewesen, gleichsam nur für ihn inszeniert. Auch der größte Philanthrop könne nur das weitergeben, worüber er verfüge. Über einen Sonnenuntergang könne man so wenig verfügen, wie über den Glauben, die Hoffnung und die Liebe. Gott behält es sich vor, uns direkt und persönlich anzusprechen – das ist eben eine Herzensangelegenheit, unverfügbar und nicht reproduzierbar.
Ich musste an dieses Erlebnis denken, als es an Pfingsten darum ging, das Geschehen im Zusammenhang mit der Gabe des Heiligen Geistes, das Lukas schildert, zu thematisieren. Mal ganz abgesehen davon, dass Lukas als einziger der vier Evangelisten von dem, was sich sieben Wochen nach der Kreuzigung und Auferstehung Jesu in Jerusalem ereignet hat, berichtet, so war er sicher kein Augenzeuge dessen, was da geschehen ist. Er schrieb seine Apostelgeschichte wahrscheinlich fünfzig Jahre nach den Ereignissen und war auf mündliche Überlieferung