Bad Vilbel. An der Bad Vilbeler John-F-Kennedy-Schule (JFK) stimmt die Chemie nicht mehr – und Rektor Wolfgang Geier kann gar nichts dafür. Eine Vertretungskraft, die bis Ende Februar Chemie unterrichtete, hatte Glück und fand an der Uni Marburg eine neue Stelle. Seither fehlt an der JFK-schule ein Lehrer. Dafür gab es auch einen Bewerber, der schon zugesagt hatte, dann aber im letzten Moment absprang. Eine schulinterne Ausschreibung, die auch im Internet zu sehen ist, soll den Mangel nun beheben. Geier ist zuversichtlich, bald wieder einen vollständigen Chemie-Unterricht anbieten zu können. Bis dahin werde Konrektor Peter Mayböhm akribisch die entstandenen Unterrichtsausfälle protokollieren, die dann über die Jahresstundentafel wieder aufgeholt werden sollen.
Das Problem trifft keineswegs nur die JFK, denn wegen der Engpässe beim naturwissenschaftlichen Nachwuchs fehlt es allerorten an Fachkräften. Das seien „Sorgenfächer“, weiß Geier. Auch das Staatliche Schulamt könne nur aushelfen, „wenn sie jemand auf der Matte haben“. Der Mangel beginne schon in der Oberstufe. Nach dem Studium, klagt Geier, zöge es viele angehende Chemiker in die Industrie, doch die vermeintliche Karriere dort habe auch ihre Tücken: Es gebe oft nur befristete Verträge oder zunächst nur Praktika, viele Überstunden und keine deutlich höhere Bezahlung. Dagegen seien Naturwissenschaftler bei der Schule „im sicheren Bereich“.
„Es gibt nicht genug Nachwuchs bei den Naturwissenschaften – auch mittelfristig“, räumt Ulrike Weitzel ein, die Leiterin des Staatlichen Schulamtes. Das sei ein strukturelles Problem, das alle Schulen betreffe. Besonders fehle es an Lehrkräften für Physik und Chemie an den 75 weiterführenden Schulen im Wetterau- und Hochtaunuskreis. „Zwei Handvoll würden schon gut tun“, sagt sie. Verstärkt fehlten Bewerber für den Haupt- und Realschulbereich. Es sei ein schlechtes Zeichen, wenn sich bei einer landesweiten Ausschreibung über die Internet-Plattform des Kultusministeriums, wie im Falle der Kennedy-Schule, niemand melde.
Derzeit werde eine zweite Ausschreibung vorbereitet. Als Notlösung könnten Lehrer von anderen Schulen abgeordnet werden. Ansonsten müsse man auf die nächste Generation Lehramtskandidaten warten. Bis dahin könne der Mangel über Jahresstundentafeln verschoben werden. Ausgefallene Stunden würden in späteren Schuljahren nachgeholt. Ob der „Frühling der Chemie“ kommt, ist offen. Vorsorglich hat zu Beginn dieser Woche Kultusministerin Karin Wolff (CDU) unter diesem Motto eine Kampagne gestartet, mit der an 26 Grundschulen und Kindertagesstätten „Elementhexen“ mit Vorführungen Interesse an Naturwissenschaften wecken wollen.