Bad Vilbel. Auf dem Vorplatz des Kulturforums hatten sich 250 bis 300 Leute versammelt, um dem Staatsoberhaupt einen herzlichen Empfang zu bereiten, darunter überraschend viele Jugendliche, außerdem SPD-Fraktionschef Rainer Fich mit Familie und CDU-Urgestein Magda Klug. Die Sonne tat ihr Bestes, der Himmel strahlte in hessischem Blau und in anderen Nuancen. Der Sommer war in der Stadt, die Stimmung blendend.
Die Männer in den dunklen Anzügen mit dem Knopf im Ohr und Sprechgeräten in den Händen streiften von da nach dort, der Wetterauer Polizeisprecher Jörg Reinemer unterhielt sich mit Journalisten, während die geladenen Gäste im Sonntagsstaat herbei spazierten. Am Eingang erhielten sie ein weißes Armbändchen. Unter den Geladenen befanden sich Bad Vilbels Ehrenbürger Kurt Ochs und Günter Hinkel mit Gattinnen, Ehrenbürgermeister Günther Biwer mit Gattin, der Landtagsabgeordnete Tobias Utter mit Gattin, Ex-Parlamentschef Manfred Cleve mit Gattin, Kinderbürgermeisterin Sylvia Becker-Pröbstel, Gewerberingchefin Monika Delazer, Stadtbrandinspektor Matthias Mefferth, Heimatkundler Walter Heil, Feuerwehrvereinschefin Ingrid Schenk mit ihrer bildhübschen Tochter Beatrice, die Landräte Joachim Arnold (Wetterau) und Erich Pipa (Main Kinzig Kreis).
Bürgermeister Thomas Stöhr, die schmucke Amtskette um den Hals, patrouillierte über den Platz, unterhielt sich mit Jugendlichen, sprach mit Zaungästen, während sich der hessische Justizminister und Dortelweiler Bürger, Jörg Uwe Hahn, im Gespräch mit FFH-Chef Hans-Dieter Hillmoth die Zeit vertrieb. Um 16.40 Uhr ging plötzlich ein Raunen durch die Wartenden, das satte Tuckern von Motoren übertönte die Gespräche, eine Motorradstaffel der Polizei fuhr vor, gleich dahinter folgten schwarze Limousinen. Beifall brauste auf als Bundespräsident Wulff dem dunklen Wagen entstieg, von Bürgermeister Thomas Stöhr und Jörg-Uwe Hahn offiziell willkommen geheißen wurde. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier und Landtagspräsident Norbert Kartmann befanden sich noch im Schlepptau des Staatchefs. Und der Bundespräsident – kurz vorher in Wiesbaden von einem irren Offenbacher noch mit einem Ei beworfen – begab sich ohne Zaudern zu den Menschen, die ihn vor dem Forum erwartet haben.
Noch einmal brandet Beifall auf, Kinder schwenken Fahnen, jubeln „Wir sind Deutschland!“. Wulff lächelt, winkt, geht auf sie zu, spricht mit ihnen, reicht vielen Bad Vilbelern die Hand, nimmt sich immer wieder Zeit, mit ihnen ein Wort zu wechseln, posiert schmunzelnd und gibt gelassen Autogramme so als fühlte er sich zu Hause unter diesem strahlend blauen Bad Vilbeler Himmel. Das hinterlässt Eindruck bei den Menschen, die sehen, wie unverkrampft und authentisch sich der Bundespräsident ihnen zuneigt. Und die rund 100 Polizisten, die den Gast bewachten, machen trotz hohen Adrenalinspiegels einen Superjob, halten sich auf Wulffs Anweisung hin dezent zurück, man könnte sie glatt übersehen. Und ein sichtlich gerührter Wulff sonnt sich ungetrübt in der Menge. „Danke“, sagte er gerührt, „danke, dass Sie mir hier in Bad Vilbel einen so schönen Empfang bereiten!“ Die Vilbeler klatschen, freuen sich, zeigen Begeisterung. „Ein toller Typ!“, kommentiert Andrea (13). Das sieht ihre Freundin Roberta ebenso: „Er gefällt mir!“
Aber die Zeit drängt. Noch schnell ein Erinnerungsfoto mit einer Trachtengruppe, dann begibt sich Wulff in den Saal zum „Bürgerempfang“, wo er gleichfalls herzlich begrüßt wird. Der Chor der Humboldtschule singt. Ministerpräsident Volker Bouffier hält eine kurze Ansprache, dann schreitet der Bundespräsident zum Rednerpult, feiert mal in ernsten, mal in humorvollen Worten das Ehrenamt, ermuntert die Bürger, sich zum Wohle der Gesellschaft einzubringen. „Wir brauchen Sie als Vorbilder“, wirbt er für eine von Menschlichkeit und Miteinander geprägte Gesellschaft, für die Ehrenamtliche eine große Bereicherung seien. Und weil Wulff unter der richtigen Flagge segelt, erleidet er in Bad Vilbel auch keinen Schiffbruch, sondern setzt die Segel und Akzente für eine bessere Gesellschaft, eine gütigere Welt. Ein Bonbon hat er noch speziell für die Vilbeler Annalen parat: „Ihre Stadt und die Region müssen etwas Besonderes sein, wenn sich schon die Römer und die Kelten hier niedergelassen haben“, folgert er und streicht schmunzelnd den Applaus ein.
Stellvertretend für viele andere Ehrenamtliche verleiht der Bundespräsident dann drei Bundesverdienstkreuze, und zwar an Hedwig Schneider aus Heppenheim, die seit rund 60 Jahren ehrenamtlich tätig ist und mit 81 Jahren noch eine Suppenküche für Bedürftige leitet, an die ehemalige Dressurreiterin Ann Kathrin Linsenhoff aus Kronberg für ihren vorbildlichen Einsatz zugunsten von UNICEF und an den kommunalpolitisch und vereinsmäßig außergewöhnlich aktiven Klaus Plösser aus Bad Soden.
Nach einem musikalischen Intermezzo des Kammerorchesters der Humboldtschule, das die deutsche Hymne intoniert, trägt sich das Staatsoberhaupt, flankiert von Rathauschef Stöhr, ins Goldene Buch der Stadt ein. Unter Wulffs Unterschrift setzt noch Ministerpräsident Bouffier seinen Namenszug, dann ist auch dieser Akt vorbei und das Bürgergespräch nimmt seinen Lauf. „Er ist ein beeindruckender Mensch“, wird nachher Ehrenbürgermeister Biwer der Presse erklären. Und Bürgermeister Stöhr wird begeistert vom lockeren, authentischen Auftritt des Bundespräsidenten schwärmen. Der nimmt sich in der Tat reichlich Zeit für seine Gespräche mit den Gästen, geht von Stehtisch zu Stehtisch – freundlich und aufmerksam den Menschen zugetan. Gelassen lässt Wulff das Protokoll Protokoll sein und so geschieht es, dass der Bundespräsident fast eine Stunde zu spät Abschied von Bad Vilbel nimmt, um nach Marburg zum Abendessen aufzubrechen. Als er sich leicht bückt und in die Limousine steigt, winken ihm immer noch Bad Vilbeler Bürger herzlich zu.