Bad Vilbel. Was in Bad Vilbel aufgrund großer Widerstände – vor allem von Wasserverbänden und Behörden wie der Hessischen Domänenverwaltung – zehn Jahre gedauert hat, kann nun in Karben wohl innerhalb von knapp zwei Jahren erfolgen. „Die Einstellungen haben sich sehr zum Guten geändert“, freute sich Dr. Hansgeorg Jehner, bei einer Veranstaltung der FDP im Golfclub Dortelweil. Jehner ist Verwalter der Gerty-Strohm-Stiftung, die die Projekte nach Plänen des Gewässerökologen Gottfried Lehr finanziert,
Zwar wolle die FDP bei den bevorstehenden Wahlen natürlich mehr Mandate erringen und die absolute Mehrheit der CDU brechen, um selbst als Juniorpartner in die Stadtregierung einzuziehen, sagte beim Aschermittwochstreffen der Bad Vilbeler FDP-Vorsitzende Kai König. Dieses Ziel solle aber nicht nach der Methode des bayrischen Derbleckens, also des Draufschlagens auf die politischen Gegner, erfolgen, sondern durch Sachthemen. Insofern war der Vortrag von Dr. Jehner vereinbart worden.
Die Nidda war einmal doppelt so lang wie heute, ging der Referent weit in die Vergangenheit zurück. Bereits die Römer haben in der Wetterau Flussbegradigungen vorgenommen und vor mehr als zweihundert Jahren hat der Dichter Friedrich Schiller nach Eingriffen in die Natur den Verlust der Ästhetik beklagt. Im vorigen Jahrhundert wurden im Bereich Bad Vilbel 1928 und 1967 Nidda-Begradigungen durchgeführt. Dadurch lief das Wasser schneller in Richtung Mündung ab und Auen-Landschaften wurden für Ackerbau gewonnen.
In Bad Vilbel wurden ab 1989 Maßnahmen zur Renaturierung der Nidda umgesetzt. Ab 1999 bemühten sich Stadt und Gerty-Strohm-Stiftung um die große Renaturierung in Gronau, die schließlich 2009 nach vielen Widerständen beginnen konnte.
Im Vorjahr hat sich nun Karbens Bürgermeister Guido Rahn (CDU) an Dr. Jehner gewandt, ob die Stiftung auch auf Karbener Gebiet eine Renaturierung unterstützen würde. Für den Bereich zwischen Nidda-Brücke in Höhe des Günter-Reutzel-Sportfeldes und der Gemarkungsgrenze am bereits renaturierten Fluss-Knie in Dortelweil konnten nach Zusage der Stiftung bereits große Flächen am rechten Flussufer bereitgestellt werden. Nach Ansicht von Dr. Jehner werde nun noch auf der linken Seite ein Streifen von rund 30 Meter Breite benötigt, um mit dem Umbau beginnen zu können. Nach der Ernte 2012 könnten dann die Bagger anrollen.
In Bad Vilbel steht als nächster bereits projektierter Bereich der rund 300 Meter lange innerörtliche Abschnitt der Nidda zwischen dem derzeitigem Kurhaussteg und der Straßen- und Bahnbrücke an der Kasseler Straße auf der Agenda. Nach Aussage des Gewässerökologen Gottfried Lehr ist dies der ökologisch schlechteste Abschnitt im gesamten Stadtgebiet. Um das Flussbett zu verbreitern ist es nötig den Damm mit dem Fahrradweg rechts in Fließrichtung einige Meter weiter in Richtung Hallenbad zu verlegen, erläuterte Dr. Jehner anhand einer Planskizze. Auf der anderen Seite werde die Böschung erhöht und der Hochwasserschutz verbessert.
Durch die Verbreiterung und Ausweitung der Fluss-Sohle werde nicht nur das Leben der Wassertiere verbessert, sondern auch die Schaffung von ufernahen Gehölzen gefördert. Zwar kommen die Menschen nicht mehr so nahe an das Wasser, aber durch die Schaffung von Sitzgelegenheiten und Aussichtsplattformen auf dem Damm könne die Natur entlang dem Fluss besser beobachtet werden. Die Nidda könne als Erlebnisraum wieder wahrgenommen werden – im Unterschied zum derzeitigen Zustand, bei dem sie lediglich als Kanaldurchfluss diene. Dr. Jehner sprach von „blaugrünen Klassenzimmern“, die von der Zoologischen Gesellschaft in Frankfurt eingerichtet werden können. Durch alle diese Maßnahmen werde die von Schiller beklagte Zerstörung der Ästhetik teilweise wieder rückgängig gemacht, betonte der Referent.