Karben. Obacht, Raser! In Karben sollen sie ab nächstem Jahr mit neuer Technik zur Kasse gebeten werden. Dafür will sich die Stadt einen neuen Blitzer zunächst ausleihen – samt Personal. Eine Privatisierung durch die Hintertür?
Udo Kürten vom Karbener Ordnungsamt holt die Kamera aus der Tasche, stellt sie in die Halterung. Mühevoll muss er sich dabei von der Rückbank in den Kofferraum zwängen. Wieder heraus, schiebt er einen Polfilter vor das Objektiv. Noch die Position genau einmessen, und die Geschwindigkeitskontrolle kann losgehen.
Wenn die Anlage hinter der getönten Heckscheibe des unauffälligen Astra Kombi in Betrieb ist, zieht sie den Hass vieler Autofahrer auf sich. Was Ordnungsamtsmitarbeiter Kürten ungerecht findet. „Wir machen hier nur unsere Arbeit.“ Die Stellen, an denen der Blitzer zum Einsatz kommt, sind entweder gefährliche Unfallpunkte oder solche, an denen sich Anwohner über Raser beschweren.
Das soll künftig an noch viel mehr Stellen als bisher möglich sein. Denn die Stadt plant, neue Technik fürs Blitzen einzusetzen: ein modernes Lasergerät statt des heutigen Radarmessinstruments.
„Unsere Technik ist 19 Jahre alt“, erklärt Ordnungsamtschef Uwe Axtmann. Auf Film zu fotografieren, diesen zu entwickeln, dann manuell aufwändig auszuwerten sei nicht mehr zeitgemäß. Mit Digitaltechnik gehe das viel effektiver.
Die aber setzt zunächst eine Investition von 100 000 Euro voraus, was Bürgermeister Guido Rahn (CDU) allein für Karben als ineffektiv ansieht. „Dafür können wir das Gerät nicht gut genug auslasten.“ Er will ein neues Gerät von einer Firma anmieten samt eines Mitarbeiters dazu. Moment: Hatte die Koalition aus CDU, FW und FDP genau ein solches Privatisieren nicht gerade im vergangenen Jahr abgelehnt? „Genau das hatte doch Jochen Schmitt vorgeschlagen“, erinnert SPD-Stadtverordneter Helge Gottschalk an die Idee des damaligen SPD-Ordnungsstadtrats.
„Nein“, entgegnet Rahn. „Wir werden das Blitzen nicht privatisieren, sondern es bleibt in unserer Obhut.“ Die Auswahl von Standorten und Einsatzzeiten, die Einsätze selbst, das Schreiben der Rechnungen und das Eintreiben des Geldes erledige die Stadt weiterhin selbst. Lediglich setzte sie das Gerät der Privatfirma ein. Ein Mitarbeiter der Firma begleite den Ordnungsamtsmitarbeiter bei den Einsätzen. „Dafür zahlen wir der Firma feste Summen.“
Keinesfalls wolle die Stadt die Geschwindigkeitsüberwachung outsourcen: „Dann blitzt die Firma nur dort, wo es für sie effektiv ist“, fürchtet Rahn. „Das wäre für sie eine Lizenz zum Gelddrucken.“ Das Okay für den Leihblitzer soll der Magistrat in anderthalb Wochen geben. Dann könne im Januar eine halbjährige Probephase beginnen. „Wir wollen Erfahrungen sammeln“, sagt Axtmann.
Doch noch eine zweite Lösung prüft die Stadt: In Gesprächen kläre man derzeit mit der Nachbarkommune Bad Vilbel, ob sich die beiden Städte eines der neuen Geräte nicht gemeinsam anschaffen und dann gut auslasten könnten, erklärt Guido Rahn. Daraus könne eine gemeinsame Kontrollgruppe beider Städte werden, die in beiden Kommunen ihre Einsätze erledigt. Auf die neue Technik sind Karbens Ordnungspolizisten schon gespannt. Die setzt beispielsweise die Wetterauer Polizei längst ein, zum Beispiel im Mercedes Vito, aus dem es oft an der B 3 bei Kloppenheim blitzt. Für die bisherige Technik sind mindestens 35 Meter gerade Messstrecke nötig, fürs Laserverfahren nicht mehr. „Wir können damit dann auch in Kurven blitzen“, erklärt Uwe Axtmann. Er denkt beispielweise an die Bahnhofstraße in Groß-Karben ebenso wie den Knoten Null zwischen B 3 und Landesstraße nach Ober-Erlenbach „Ganz genau an den gefährlichen Stellen.“ (den)