Bad Vilbel. Kosten von 2,8 bis drei Millionen Euro fallen aus heutiger Sicht für die Sanierung der Burg an. Mit der Einschränkung, diese Schätzung werde voraussichtlich noch mehrfach modifiziert werden, wagte der Bad Nauheimer Architekt Gustav Jung am Samstag eine solche Prognose. Jung war Gast des Heringsessens der CDU-Innenstadt. Er ist der Vater des Sanierungsgutachtens und erläuterte den Stufenplan.
173 Bürger – durchaus nicht nur Parteigänger der Union – ließen sich von 20 Helfern im Kurhaus 148 Portionen Hering und 25 Wurstteller servieren, um danach Informationen aus erster Hand über die Arbeiten am Wahrzeichen der Brunnenstadt zu erhalten. Als am weitesten angereiste Gäste begrüßte Vorsitzender Andreas Martini Svetlana Verbitzkaja und ihren Mann Vladimir aus St. Petersburg, die wieder einmal einen Aufenthalt bei ihren Freunden Magda und Herbert Klug zum Besuch einer CDU-Veranstaltung nutzten.
Die Anwesenheit von Hassia-Chef Günter Hinkel und seiner Frau gab Martini Gelegenheit, auf den bald fertigen Mosaik-Tempel als weiteren Höhepunkt neben der Burg hinzuweisen.
Als erster der fünf Schritte wurde im Oktober vergangenen Jahres die dringende Sanierung der einsturzgefährdeten Brücke in Angriff genommen, erläuterte Jung. Mehrere Steine hatten sich aus den Brückenbögen gelöst, was die Stabilität gefährlich beeinträchtigte. Die Ursachen seien Verwitterung sowie Belastungen durch deutlich schwerere Fahrzeuge als zur Bauzeit Anfang des 15. Jahrhunderts.
Ursprünglich erstreckte sich die Brücke mit damals fünf Bögen viel weiter in Richtung Zehntscheune und führte über ein Schlammgebiet. Der Bürger Maley jedoch, der die Burg im Jahr 1890 erworben hat, habe das „Schnakenloch“ mit Schutt zugeschüttet. Diese Verfüllung habe Zerstörungen am Stein angerichtet. Ebenso das Wurzelwerk der schräg gewachsenen Bäume, das unter der Mauer wie ein Hebel wirkte. Setzungsrisse seien hingegen kaum feststellbar, weil das massive Mauerwerk mehrere Meter tief bis auf Rotliegendes (Gestein) hinab reiche.
Kürzlich wurden die Bäume gefällt, die Mauer wird Schritt für Schritt frei gelegt und saniert. Dann wird der Graben wieder mit Wasser aufgefüllt, das wie bei anderen Wasserburgen bis direkt an die Mauer heran reicht. Das entspreche auch dem historischen Bild. Weil das sumpfige Wasser der Burg den einzigen Schutz vor Angreifern bot, wäre ein Standstreifen an der Mauer unsinnig gewesen. Um die ursprüngliche Funktion zur Sicherung des wichtigen Handelsweges über die Niddabrücke wieder deutlich zu machen, müssten weitere Bäume entfernt werden, um die Sichtbeziehung zwischen Eckturm und Brücke wieder herzustellen. „Das Erscheinungsbild der Burg wird künftig ein anderes sein als das gewohnte.“
„Die Burg wird besser wahrnehmbar“, blickte Jung in die Zukunft. Am deutlichsten wird die Veränderung auch an der Brücke sichtbar, denn wenn auch nicht mehr alle fünf im Boden als Reste noch vorhandenen Bogen frei gelegt werden können – „da müsste die Zehntscheune weichen“ – , sollen wenigstens drei ein historisch zutreffenderes Bild vermitteln. „Ein Brückenbogen mehr ist ein Riesengewinn“, so Jung. Das bedeutet aber: Der Wassergraben wird breiter, das Rondell muss zurück weichen und durch eine Stützmauer gesichert werden. Problematisch gestaltet sich derzeit noch eine Lösung mit einem historisch nachgewiesenen, aber für heutige Bedürfnisse ausreichend stabilen Holzbrückengeländer.
Weitere Sanierungsetappen nach der Brückenrenovierung seien die Beseitigung starker Schäden am Dach und im Fachwerk des Turms, die Sicherung des Gewölbes und der Decke darüber, die Sanierung der Remise, die für die Infrastruktur der Burgfestspiele genutzt werden soll, und des Eckturms, von dem dann die vielfach als störend empfundene temporäre Sicherung durch Backsteine wieder verschwindet.
Jung stimmte einem Besucher zu, dass das störende Gerüst, das die Schauspieler als Weg zur Bühne nutzen, verschwinden sollte. Für die Prüfung von Alternativlösungen sei es noch zu früh, allerdings sei bei der Sanierung zu beachten, dass sie mit der späteren Nutzung in Einklang steht.
Obwohl sie früher verputzt war, wolle man aus praktischen Erwägungen und um das gewohnte Bild nicht allzu sehr zu verändern, „die romantische Optik der Burg“ erhalten, antwortete Jung einem Gast.