Ein „verspäteter Leserbrief“, dafür aber umso länger, zu dem Artikel „Wem gehört die Nidda?“ im BVA vom 26. August erreichte uns jetzt. Stark gekürzt drucken wir ihn dennoch ab, weil er ein für uns hier spezielles Thema speziell beleuchtet und hinterfragt:
Bad Vilbel schafft sich ab! Die rhetorische Frage „wem gehört die Nidda“ , die ich dem heute zitierten Experten während der letzten 20 Jahre im Verlauf etlicher kontroverser Diskussionen mehrfach gestellt hatte, kann ich heute, in Vertretung zahlreicher Gronauer Anwohner schnell und präzise beantworten.
Heute jedoch, nach Abschluss der grandiosen Renaturierungsmaßnahme, gehört dieser Fluss offenbar denjenigen, die diese Maßnahme, offenbar ohne Anforderung der Bürger, teilweise sogar entgegen heftigen Widerstandes aufgrund unterschiedlicher Motivationen durchgeführt haben und nun als Experten nach Regeln schreien.
Wir, die Anwohner, werden, jedenfalls – wie der „Bad Vilbeler Anzeiger“ berichtet – auf den Status des „Freizeitnutzers“ degradiert. Das Vorkommen gesunden Menschenverstandes oder den Respekt vor, bzw. die Verbundenheit mit der Natur wird uns vom Experten bereits im Vorfeld abgesprochen.
Waren es eingangs Hundebesitzer und Reiter, die die Natur laut Aussage des Experten Lehr schädigten, so wurde diese Zielgruppe zwischenzeitlich auf Freizeitkapitäne und, man staune, Kinder und damit zwangsläufig implizit, vermeintlich unwissende oder verantwortungslose Eltern erweitert.
Wir alle müssen uns nun schuldig fühlen, dem durch Initiative einiger weniger Experten und Investoren, sowie dem Kapital der Gerty-Strohm-Stiftung regenerierten Fluss, die Lebensgrundlage zu entziehen. DAS macht uns wirklich betroffen!
Tatsächlich ergab sich nach Renaturierung der Nidda im Abschnitt Gronau ein völlig verändertes Lebensbild: Menschen und Tiere, groß und klein, alt und jung tummeln sich am Fluss. Nein, nicht nur bekannte Gesichter, auch Heerscharen von fremden Menschen und vierbeinigen Artgenossen strömen, auch aus dem Umland, zur Badestelle, um dort entweder einfach eine Pause einzulegen oder aber sogar Handtücher, Schlauchboote und Picknickkörbe auszupacken, um dort länger im und am Fluss zu verweilen. Einig sind sich alle, dass dies, so berichten zumindest die Älteren, zwar ein bekanntes aber lange nicht mehr dagewesenes Bild abgibt: Menschen am Fluss, die sich treffen, reden, lachen, schwimmen, spielen, tatsächlich meist einträchtig miteinander.
Konnte man früher, den Wegen folgend, den kompletten Flussverlauf einsehen, so ist dies heute absolut unmöglich. Die Nidda wurde, ganz geplant, so die Aussage Gottfried Lehrs während einer Bürgerbegehung im Jahre 2009 für den Menschen abgeschafft und ist gemäß Planung lediglich an Badestellen und über Aussichtsplattformen einzusehen.
Und überhaupt: Würde sich Gerty Strohm, die ihr Kapital in eine Stiftung eingebracht hat, die Kindern, Tieren und Natur zugute kommen und ein Miteinander schaffen soll, nicht die Haare raufen, wenn sie das Ergebnis ihrer Absicht noch bewerten könnte?
Viele Fragen, die für den Otto-Normalverbraucher unbeantwortet bleiben. Allein die Frage, wem die Nidda heute gehört, scheint geklärt: UNS jedenfalls nicht !
Martina Seibold,
Bad Vilbel.