Montag beginnt wieder die Schule. Die Sommerferien sind vorbei und für viele damit auch der Jahresurlaub. Wie schade, dass die Urlaubszeit nicht länger dauerte.
In der afrikanischen Steppe oder Wüste leben sogenannte Flughühner. Die Vögel fliegen morgens und abends gemeinschaftlich bis zu 60 km zur nächsten Wasserstelle. Das können aber nur die erwachsenen Vögel. Die Jungvögel schaffen solche Wegstrecken nicht und darum werden sie von den Vätern getränkt. Deren Bauchgefieder kann Wasser wie ein Schwamm speichern. Am Wasserloch „tanken“ die Väter quasi auf und dieses Wasser trinken dann die Jungvögel an den Nistplätzen. Was für eine beeindruckende Leistung! Nach erstem Staunen fragte ich mich, warum brüten die Vögel nicht näher an den Wasserstellen? Das wäre doch viel einfacher. Aber in der Steppe oder Wüste sind die Vögel, besonders die Jungvögel, vor Feinden relativ sicher und das bezahlen sie mit den langen Wegen zum Wasser.
Vielleicht geht es uns ähnlich. Ich hätte gerne manches näher beisammen: das schöne Wetter des Südens, meinen Arbeitsplatz hier, die Freiheit im Urlaub und die Sicherheit hier. Schade, dass es nicht dichter beisammen liegt. Aber wo gelingt das schon? Um beides zu haben, fahre oder fliege ich in den Urlaub, nehme mir mühsam ein Wochenende frei und teile meine Zeit gut ein, um dadurch auch freie Zeit zu haben. Manchmal komme ich mir dann vor, wie ein durstiges Flughuhn. Dann sauge ich alles in mich auf, versuche möglichst viele Eindrücke mitzunehmen und für die kommende Zeit aufzutanken. Oft wird mir auch manches klarer: Was mir wirklich wichtig ist, was ich ändern möchte, was mich daran hindert. Manchmal brauche ich die Distanz, um das zu erkennen. Wie schade, wenn solche Erkenntnisse und die Erholung rasch wieder verfliegen. Kaum bin ich zu Hause, beginnt wieder der alte Trott, als wäre ich nie weg gewesen. Dabei wollte ich doch diesmal möglichst viel des Aufgesogenen behalten. Vielleicht ist das ja der Fehler?
Die männlichen afrikanischen Flughühner geben ihr aufgesogenes Wasser ab. Ich glaube, wir versuchen manchmal alles krampfhaft festzuhalten, geben nichts weiter und behalten auf diese Weise wenig. Die Urlaubsbilder meine ich dabei nicht, sondern die Freude über neue Begegnungen, eine andere Sichtweise, die mir ferne Länder vermittelt haben oder neue Ehrfurcht vor der Schöpfung. Wenn ich es erzähle erlebe ich oft, das andere Menschen ihre Erlebnisse auch gerne mitteilen und siehe da: ich kann viel länger von meiner Urlaubszeit zehren. Meine Urlaubsfreude und -erkentnisse halten länger, wenn ich sie teile.
Ihre Pfarrerin Ulrike Mey,
Christuskirche Bad Vilbel