Karben. Bis zu einer halben Million Euro Schaden seien durch die vorzeitigen Kreditverlängerungen in Karben entstanden. Das ermittelte der Akteneinsichtsausschuss zu den umstrittenen Geschäften von Bürgermeister Roland Schulz (SPD) und schrieb es in seinem Abschlussbericht nieder, der in der vorigen Woche im Stadtparlament veröffentlicht wurde. Außerdem habe Schulz die 14 Kreditgeschäfte mit einem Umfang von über 21 Millionen Euro außerhalb seiner Vollmacht abgeschlossen – vorbei am Parlament und am Magistrat.
Anfang 2006 hatte Schulz nach den Erkenntnissen des Ausschusses 92 Prozent aller städtischen Kredite vorzeitig um bis zu 30 Jahre verlängert. So wollte er die niedrigen Zinsen nutzen, hoffte auf 300 000 Euro kurzfristige Einsparungen.
Was wohl gut gemeint war, verkehrt sich für die Kommune nun ins Gegenteil. Detailgenau führt der Ausschuss auf acht Seiten die Ergebnisse seiner zwei Monate langen Ermittlungen auf, belegt Einschätzungen auf Basis von Daten und Dokumenten aus der Verwaltung. Die zentralen Vorwürfe:
Schulz holte kein vergleichendes Angebot ein. Stattdessen bekam die Helaba 25 000 Euro Honorar.
Gegenüber marktüblicher Kreditkonditionen schloss Schulz neun Geschäfte mit um 0,2 Prozent zu hohen Zinsen ab. Das koste die Stadt 500 000 Euro, errechnete der Ausschuss. Ein unabhängiger Gutachter von der Privatbank Hauck & Aufhäuser bestätigte dem Ausschuss einen Aufwand von knapp 375 000 Euro – weil für die Kommunen die Margen um 0,5 bis ein Prozent über dem Markt lägen.
Weil die Helaba-Unterlagen im Rathaus acht Monate lang herumlagen, versäumte Schulz, den niedrigen Zinssatz von Mitte 2005 festzuschreiben.
Die Verträge wurden so abgeschlossen, dass die Kommune nicht vor 2029 bis 2036 die Kredite teilweise oder ganz tilgen kann, ohne dass die Helaba Entschädigungszahlungen verlangen kann. „Hierdurch werden kommenden Entscheidungsträgern massiv finanzpolitische Gestaltungsmöglichkeiten entzogen“, findet der Ausschuss. Dabei hätte die Helaba auf Wunsch auch andere Laufzeitvarianten angeboten, wie sie selbst sagte.
„Keines der Geschäfte wurde im kommunalen Innenverhältnis ordnungsgemäß genehmigt.“ Der Magistrat stimmte nicht über die Einzelgeschäfte ab, sondern nur über einen allgemeinen Dienstleistungsvertrag mit der Helaba. Die konkreten Einzelverträge unterschrieben Schulz und Sozialstadtrat Jochen Schmitt (SPD) Mitte März 2006, ohne den Magistrat zuvor nochmals eingebunden zu haben.
Fünf Derivate, so genannte Swaptions, „hätten generell nicht vom Magistrat genehmigt werden dürfen“, sagt der Ausschuss. Denn diese seien Finanztermingeschäfte, keine Kredite oder Zinssicherungen. Nur für diese hatte der Magistrat seinerzeit die Zuständigkeit vom Parlament übertragen bekommen.
Der Ausschuss hatte seinen Bericht am 31. Januar beschlossen – einstimmig und ohne Enthaltungen, weil die Vertreter von SPD und Grünen zuvor die Sitzung verlassen hatten.
Als Folge des Abschlussberichts wollen CDU, FWG und FDP nun die Kommunalaufsicht einschalten und von ihr sowie vom Hessischen Städte- und Gemeindebund Rechtsauskünfte erbitten. „Viele Anhaltspunkte weisen daraufhin, dass Umsetzung und Realisierung der Geschäfte von gravierenden Fehlern, Pflichtverletzungen und Rechtsverstößen begleitet wurde“, sagt FWG-Fraktionschef Michael Ottens, der den Ausschuss leitete. Falls Schulz für den Schaden verantwortlich sei, finden die Koalitionäre, müsse er dafür haften. (fnp/d)