Karben. Zum 1. April übernimmt Bürgermeister Guido Rahn als erster Christdemokrat den Chefposten im Karbener Rathaus. Die offizielle Amtseinführung war für Dienstagabend nach Redaktionsschluss der Karbener Zeitung terminiert. Im Vorfeld der Amtsübernahme sprach Redakteurin Christine Wieberneit mit Guido Rahn.
ZLP: Wie haben Sie sich auf die Amtsübernahme vorbereitet?
RAHN: Der sehr frühe Wahltermin Ende September letzten Jahres hat mir die gute Gelegenheit zu einer gründlichen Vorbereitung gegeben. So konnten bereits vor Amtsbeginn eine Vielzahl von Gesprächen geführt werden. Als Ergebnis hieraus habe ich ein umfangreiches detailliertes Konzept erstellen können, das jetzt Stück für Stück umgesetzt werden wird. So kann ich ab April den Entscheidungsstillstand im Rathaus schnell beenden.
ZLP: Wie lief die Zusammenarbeit mit Bürgermeister Schulz zur Amtsübernahme?
RAHN: Die Zusammenarbeit lief während der Übergangszeit reibungslos und konstruktiv. Wir haben uns, soweit es erforderlich war, abgestimmt.
ZLP: Gab es Überraschungen? Welcher Art?
RAHN: Bislang gab es dies noch nicht – aber fragen Sie mich nach 100 Tagen noch einmal danach.
ZLP: Werden Sie große Veränderungen in der Verwaltungsarbeit vornehmen? Können Sie schon verraten, welche? Vielleicht besondere Schwerpunkte?
RAHN: Alleine durch den Wegfall des Ersten hauptamtlichen Stadtrates und das Ausscheiden des Leiters des Fachbereiches Finanzen wird es Veränderungen geben müssen. Die Details hierzu möchte ich aber erst mit den Mitarbeiter/innen besprechen. Zudem wird durch die Einsparung eines weiteren hauptamtlichen Stadtrates im September eine weitere Neuorganisation erforderlich. Bezüglich der räumlichen Verteilung der Verwaltung kann ich aber schon so viel sagen, dass das Umweltamt nicht als „Außenstelle“ in Petterweil verbleibt und angedacht ist, die Wohnungsbaugesellschaft in das Rathaus zu integrieren.
ZLP: Wie wird der Bürger davon betroffen sein?
RAHN: Erst einmal wird der städtische Haushalt und damit der Bürger finanziell entlastet durch die Einsparung von drei der mit am höchstbezahlten Beamten. Für mich gilt weiterhin – wie vor der Wahl versprochen – dass Sparen oben anfängt. Aber die Bürger sollen auch merken, dass die Verwaltung noch bürgerfreundlicher und dienstleistungsorientierter wird. Und auch in Sachen moderner Medien muss sich dringend etwas verbessern – zum Beispiel ist der städtische Internetauftritt derzeit nicht gerade ein Vorzeigeprojekt; Aktualität und Übersichtlichkeit sind hier dringend zu verbessern.
ZLP: Vor der Wahl sprachen Sie von größerem Bürgerengagement, um Kosten zu sparen. Wie wollen Sie das erreichen?
RAHN:Wir brauchen alle relevanten Akteure aus der Politik, aus Wirtschaft, Kultur, aus den Verbänden, Kirchen, Vereinen und den Schulen. Wir müssen sie mit einbeziehen. Jeder einzelne von uns hat gute Ideen. Es dürfte mittlerweile allen Bürgern bekannt sein, dass die öffentlichen Haushalte stark überschuldet sind. Wir alle müssen daher umdenken. Es muss gelingen, das Wünschenswerte vom Notwendigen und Machbaren zu unterscheiden. Dies zu schaffen ist vor allem auch eine Frage der Einstellung. Leicht geht der Satz über die Lippen: „Das muss die Stadt übernehmen!“ oder: „Das muss die Stadt bezahlen“. Es wäre gut, wenn wir vor diesem Hintergrund zu der Sprachregelung finden könnten: „Ist das eine Gemeinschaftsaufgabe? Muss dies die Gemeinschaft tatsächlich übernehmen und bezahlen?“
ZLP: Welche Aufgaben kämen für ein solches Bürgerengagement in Frage?
RAHN: Wir haben in unserer Stadt bereits eine Vielzahl von Vereinen und Institutionen mit unzähligen ehrenamtlich tätigen Bürger/innen, ob in der Feuerwehr, den Sportvereinen, kulturellen Vereinen, im Umweltschutz, Jugend- oder Seniorenbereich oder caritativen Organisationen. Dies gilt es zu fördern und auszubauen. Ich werde im Rathaus für diese ehrenamtlich Tätigen immer als Ansprechpartner zur Verfügung stehen und zudem die Idee des Ehrenamtslotsen deutlich stärken. Konkret wird es aber auch bedeuten, dass bestimmte Leistungen von Vereinen übernommen werden müssen, wobei die Stadt unterstützend tätig bleibt, so beispielsweise bei der Pflege der Sportplätze. Gleiches gilt für kleinere Ausbaumaßnahmen, so könnte die Stadt die Materialkosten übernehmen und die Vereine mit Eigenleistung die Personalkosten.
ZLP: Welche Bedeutung haben für Sie die bereits bestehenden ehrenamtlichen Bürgerleistungen, etwa im Präventionsrat der Stadt, im Senioren- und Ausländerbeirat?
RAHN: Alle ehrenamtlichen Bürgerleistungen haben einen hohen Stellenwert. Sie leisten einen wesentlichen und wertvollen Beitrag zur Attraktivität unserer Gemeinde und unterstützen das Ziel einer lebendigen Stadt.
ZLP: Was bedeutet es für Sie persönlich, erster christdemokratischer Bürgermeister der Stadt Karben zu sein?
RAHN: Nach 40 Jahren der erste christdemokratische Bürgermeister zu sein, ist schon eine besondere Anerkennung. Nun gilt es, das Vertrauen der Bürger zu bestätigen. Ich möchte den Bürgern zeigen, dass der „Wechsel“ richtig war. Ich weiß, dass viele Bürger eine hohe Erwartungshaltung an meine Person und meine Arbeit haben. Oberstes Ziel für mich ist ein solider Haushalt, und das heißt, es wird nicht mehr ausgegeben als wir einnehmen.
Das Amt des Bürgermeisters ist für mich persönlich eines der schönsten und wichtigsten, da man konkret die Zukunft und Entwicklung seiner Heimatstadt und ihrer Bürger unmittelbar mitgestalten kann. Manche denken dabei an die Machtfülle, die sich in einer Person als Repräsentant der Stadt, als Chef der Verwaltung und als Vorsitzendem des Stadtrates vereinigt. Doch noch mehr ist das Amt geprägt von der Breite der Aufgaben, der Vielfalt an Gestaltungsmöglichkeiten und der Verantwortung, die es mit sich bringt. Es verpflichtet aber auch im Interesse der Zukunftsfähigkeit der Stadt zu Entscheidungen, für die Applaus nicht zu erwarten ist.
ZLP: Wie wollen Sie der Stadt Karben ihren Stempel aufdrücken?
RAHN: Lassen Sie uns lieber davon reden, wie ich Akzente setzen und die Entwicklung der Stadt positiv begleiten kann. Ich bin Bürgermeister für alle Bürgerinnen und Bürger, für alle demokratischen Gruppierungen und Vereine, für alle Parteien. Meine Aufgaben kann ich nur mit ihnen gemeinsam bewältigen. Dafür biete ich ihnen einen offenen, vertrauensvollen und fairen Umgang an.
ZLP: Als einziger Hauptamtlicher, wie wollen Sie das schaffen?
RAHN: Ich denke, dass dies zu leisten ist – in Butzbach geht dies schon seit Jahren. Zudem werde ich die ehrenamtlichen Stadträte einbeziehen. Und nicht zu jedem Geburtstag oder Fest muss der Bürgermeister persönlich erscheinen. Ich hoffe, dass die Bürger hierfür Verständnis aufbringen, denn ein Bürgermeister nach meinem Verständnis ist nicht gewählt, um einen Großteil seiner Arbeitszeit auf Feiern zu verbringen, sondern um für die Bürger zu arbeiten und die Stadt voranzubringen!
ZLP: Bleiben Sie Mitglied des Kreistages?
RAHN: Auf jeden Fall, denn die Kontakte und Informationen auf Kreisebene und zu den vielfältigen Kreisbeteiligungen sind für die Entwicklung unserer Stadt eminent wichtig.
ZLP: Haben Sie noch schnell Urlaub gemacht?
RAHN: Für Urlaub blieb in der Übergangsphase keine Zeit, aber Erholung und Kraft tanken kann ich in meiner Freizeit auf meiner Reitanlage in Burg-Gräfenrode.
ZLP: Wie soll Ihr erster Arbeitstag aussehen?
RAHN: Der erste Arbeitstag ist bereits mit einer Vielzahl von Terminen belegt. So werden morgens Gespräche mit den Leitern des Personalamtes, der Finanzabteilung und Hauptamtes sowie dem noch amtierenden hauptamtlichen Stadtrat der SPD geführt. Nachmittags steht ein Gespräch mit dem Personalrat an. Abschließend wird es eine Dienstversammlung geben, um den Mitarbeitern meine grundsätzliche Linie und Zielvorstellungen inklusive erste neue organisatorische Veränderungen bekanntzugeben. Wir müssen jetzt die Ärmel hochkrempeln und zügig anpacken.
ZLP: Vielen Dank für das Gespräch.