Bad Vilbel. Nach zwei Jahren Planung, 13 Monaten Bauzeit und einer deutlichen Kostensteigerung von 300 000 auf 530 000 Euro wurde Samstag, 30. Januar, um 13 Uhr das Bäder- und Brunnenmuseum am Marktplatz eröffnet. Besucher wurden dabei in einem Zelt mit Bratwürstchen und Glühwein sowie Kaffee und Kuchen bewirtet.
In dem mehr als 400 Jahre alten Weihl’schen Haus neben dem Alten Rathaus kann fortan – vorerst an den Wochenenden – die Geologie und Geschichte des Vilbeler Heilwassers sowie die Entstehung von Kur- und Brunnenindustrie erkundet werden.
Im Erdgeschoss geht es um Geologie, Erschließung und Technikgeschichte. Im ersten Stock präsentiert sich die Bad Vilbeler Kur- und Mineralwassergeschichte von der Entdeckung des historischen Sauerbrunnens 1552 über Carl Heilsprudel 1900 bis zur Gegenwart. Den Titel Bad erhielt Vilbel übrigens erst im Jahr 1955.
Im nicht mehr barrierefrei zugänglichen Dachstuhl geht es um die Mineralindustrie heute und um Verpackungsformen. Dass das Unternehmen „Hassia“ bei den Ausstellungsstücken in dem Museum dominiere, sei nicht die Absicht gewesen, betonte Geschäftsführer Günter Hinkel: „Wir brauchen kein zweites Firmenmuseum.“ Doch habe man bei den anderen Brunnenbetrieben nachgefragt, und es habe zum Teil nicht einmal mehr Fotos von früher gegeben, berichtete er.
Trotz des historischen Ortes, an dem um 1900 die Erfolgsgeschichte des flüssigen Goldes begann, wirkt das Museum nicht museal. Bildschirme informieren die Besucher. In die Schautafeln eingebettet, erwecken sie in Endlos-Schleifen von drei bis fünf Minuten Länge das Erläuterte zum Leben. Bis in eine Tiefe von 140 Metern lässt es sich mit einem Video aus der Kamera einer Bohrung bei der Sanierung des „Hassia“-Sprudels im Kurpark blicken.
Zu historischen Fotos über die Erbohrung des Hassia-Sprudels 1936/37 sieht man ein Video von Bohrarbeiten heute. Im ersten Stock empfängt ein Video, das den überschäumenden Römerbrunnen zeigt, die Gäste – die einzige Installation mit Ton.
„Ein Riesenlärm war das damals bei den Bohrungen, das ging bis in die ganze Nacht“, erinnert sich Zeitzeuge Walter Heil vom Bad Vilbeler Heimat- und Geschichtsverein, dem Träger des Museums. Heil hat auch Exponate für die Ausstellung im ersten Stock des barrierefrei erreichbaren Fachwerkhauses gespendet: das Inventar einer typischen Badezelle, in der Carl Brod ab 1900 einige Häuser weiter erste Heilwasserbäder verabreichte – das Holzwannenbad und eine Kuckucksuhr, die sogar noch tickt. „Das neue Museum entspricht der in Deutschland und Europa einzigartigen Situation Bad Vilbels, wo es noch heute über 30 aktive Quellenvorkommen gibt“, erläuterte Günter Hinkel, der sich als Mitinitiator, Bauträger und Sponsor für das Museum engagierte. Das Haus sei kein bloßer Ersatz für das einstige Brunnenmuseum in der Wasserburg, vielmehr seien 90 Prozent der Exponate neu, sagte Hinkel.
Das Weihl’sche Haus habe seine Tücken gehabt. Die Auflagen von Prüfstatik, Denkmalschutz und Brandschutz hätten das Vorhaben verteuert. Die Stadt hat das Fachwerkgebäude langfristig von der Frankfurter Volksbank angemietet und dem Geschichtsverein als Untermieter übertragen. Allerdings wies Volksbank-Vorstand Heinz Wolski darauf hin, dass sein Institut nach dem Ankauf in den 80er-Jahren bereits 1,2 Millionen D-Mark dort investiert habe, um es für Büro- und Wohnvermietung herzurichten. Für das neue Museum seien knapp 10 000 Arbeitsstunden angefallen, sagte Hinkel.
Die Stadt investierte 200 000 Euro für die Sanierung. Von der Sport- und Kulturförderung kamen 100 000 Euro, vom Land Hessen 45 000 Euro. Die restlichen 35 Prozent trugen die Firma Hassia, Günter Hinkel selbst und einige weitere Spender, darunter auch die Volksbank.
Er empfinde Freude, Dankbarkeit und Stolz, betonte Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU). Dadurch werde ein wichtiger Schlussstein in der Entwicklung des Stadtzentrums gesetzt, nach der Sanierung von Altem Rathaus und Burg, dem Römermosaikmuseum und dem Haus der Begegnung. Mit dem Museum kehre auch ein Stück Tradition an seinen Ursprungsort zurück, wo einst die Mineralwasserbranche entstanden sei. Zukunftsweisend sei auch das Bad Vilbeler Modell, bei dem Bürger, Vereine und Stadt gemeinsam in Projekte investierten. Das Museum sei „ein einzigartiges Schmuckstück“ für die Stadt.
„Das Museum reichert das kulturelle Zentrum der Kleinstadt deutlich an“, betonte Claus-Günther Kunzmann, der Vorsitzende des Geschichtsvereins und Kulturamtsleiter. Ihn erinnerten die Exponate an seine Jugend, als er, Sohn eines Geschäftsführer der „Gloria“-Quelle, selbst in der Brunnenindustrie erstmals die Arbeitswelt kennen gelernt habe.
Viele Jahre lang habe sein Verein nach einem Ersatzstandort für das Museum in der Burg gesucht, das stets dann geschlossen habe werden müssen, wenn die meisten Besucher vor Ort gewesen seien, nämlich zu den Burgfestspielen.
Das Bäder- und Brunnenmuseum ist samstags, von 13 bis 18 Uhr und sonntags, von 11 bis 18 Uhr geöffnet.