Ich wurde als Sohn in eine normale Familie geboren, wenige Monate später verließ mich mein Vater; er starb einfach. Ich hatte Sehnsucht nach einem Vater, als ich zu denken begann. Der nächste, der „Stiefvater“, war eine schreckliche Erfahrung voller Schläge und Alkohol, die Sehnsucht nach dem Vater blieb mir. Ich las viel, auch in der Bibel, aber dieses Vaterbild war mir fremd, überaltert. Dann fand ich viele „Väter“, eine Partei, eine Studentenbewegung, eine Kirche. Alle enttäuschten mich, ich fand Selbstdarstellerinnen und –darsteller, aber keinen Vater.
Dann konzentrierte ich mich, vaterlos, wie ich mich fühlte, auf einen Bruder, so verstand ich Jesus und das, was ich von ihm las. Und da sah ich, dass er sich gehalten fühlte in seiner Schwachheit. Da hörte ich, du kannst schwach sein, alles wird dir geschenkt werden. Du hast kein Urteil zu fürchten, du kannst leben und deine Verantwortung haben, du wirst nicht unschuldig bleiben, aber da ist eine Kraft, die dich liebt und annimmt, die dich liebend trägt, selbst wenn du in deiner Verantwortung versagst. Und diese Kraft will dich segnen und dein Leben wird Frucht bringen, auch wenn du dein Tun für unfruchtbar hältst.
Das fand ich faszinierend. Jesus erzählt von den uralten Erfahrungen seines Volkes, den Juden, und zeigt an sich selbst, was diese bedeuten. Er sagt, in meinem Wort hörst du eine andere Kraft, ich lade dich ein, wie zweifelnd du auch bist, ich zeige dir eine Richtung zum Mitmenschen, ich will dich heil machen, ich stehe gegen die Arroganz der Macht. Ich weiß um die Dunkelheit und auch um das „Warum hast du mich verlassen“. Doch ich verlasse mich darauf, in der Verlassenheit aufgefangen zu werden. – Und ich hatte das Gefühl in meinem Innern, dass dieser Jesus für solche Kraftübertragung zuständig sein könnte, dass ich ihm vertrauen könnte, weil er mich nicht beherrschen, sondern lieben will. Meinen Vater suche ich immer noch, weil dieser Gott auch so ganz weiblich ist für mich und ich ihn nicht geschlechtlich festlegen kann. – Jesus konnte das. Er erhebt den Anspruch „Ich bin Sohn dieses lebendigen Gottes, den ihr sucht. Wer mich sieht, der sieht den Vater.“ (Johannes 14, 9) „Wer an mich glaubt, der glaubt in Wahrheit an den, der mich gesandt hat.“ (Johannes 12, 44)
Ich wünsche Ihnen
gute Mütter und Väter
und eine gute Zeit
Ihr Werner W. Krieg, Pfarrer
Evangelische Kirchengemeinde
Massenheim