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Glanz und Zauber in Samiras Augen – Künstler Case sprayt seine Frau • Am Nordbahnhof wird jetzt für die Bad Vilbeler Burgfestspiele geworben

Bad Vilbel. Die Kunst geht in den Untergrund – und bringt dabei die Untergrundkunst nach oben. Graffiti sind längst zum festen Bestandteil des Bad Vilbeler Stadtbildes geworden. Die neueste „Galerie“ befindet sich an einem Ort, der vor nicht allzu langer Zeit die größte Schmierfinkdichte der Stadt aufwies: dem Fußgängertunnel des Nordbahnhofs. Erstaunlicherweise sind die Kacheln seit dem letzten Großreinemachen im November 2007 immer noch blank – zur Freude von Stadtmarketing-Chef Kurt Liebermeister. Für ihn sind die Angebote für legale Graffiti, verbunden mit der sofortigen Beseitigung illegaler Sprayereien, ein voller Erfolg. Der Tunnel ist jetzt fantasievolle Werbefläche für die Burgfestspiele. Bereits im Februar haben die Künstler Akut, Case und Hera zwei auf Platten angefertigte Motive für die Inszenierungen „Cabaret“ und „Floh im Ohr“ angebracht. Nun haben sie sich wieder für zwei Tage in die Probehalle der Burgfestspiele in der Rodheimer Straße zurückgezogen, um mit zwei neuen Motiven für die kommenden Burgfestspiel-Aufführungen „My Fair Lady“ und „Don Camillo & Peppone“ zu werben.

Case, der bürgerlich Andreas von Chrzanowski heißt, hat für das „Lady“-Motiv seine Frau Samira porträtiert. Sie ist die Schwester von Jasmin Siddiqui, die unter ihrem Künstlernamen Hera mit Partner Falk Lehmann alias Akut das Künstlerduo Herakut bildet.

Die beiden Werke wurden auf fünf mal zwei Meter große, grundierte Pressspanplatten mit Nitrokombinationslacken aufgetragen, verrät Case. Diese Farben seien fürs Sprayen ideal, weil sie schnell trockneten und sich übersprayen ließen. Er habe die Fotos gemacht, die Jasmin in ein künstlerisches Konzept umgesetzt habe, erzählt Case.

Es gab aber auch Vorgaben von Auftraggeber und Burgfestspiel-Intendant Claus-Günther Kunzmann. Für „My Fair Lady“ habe es das Motiv „Blumenmädchen steigt in die gehobene Gesellschaft auf“ gegeben. Bei „Don Camillo & Peppone“ seien der Konflikt der beiden und ihre Schlitzohrigkeit durch ein Doppelporträt mit „nicht eindeutigen Blicken“ illustriert worden.

Die Bilder sollen so lange hängen bleiben, bis der Tunnel für die neue Unterführung geschlossen wird. Wie viel Kulturamt und Stadtmarketing für die Bilder ausgegeben haben, wollen Kunzmann und Liebermeister nicht verraten.

Nach Bad Vilbel sei er durch Zufall gekommen, erzählt von Chrzanowski, der aus Schmalkalden stammt. Dort sei eine Hassia-Delegation auf seine Auftragsarbeiten an Bushäuschen aufmerksam geworden, berichtet er. Mit dem Sprayen habe er im Alter von 14, 15 Jahren angefangen, erzählt er. Damals hätten ihn Graffiti fasziniert, die er nachgezeichnet habe. Zunächst illegal nachts im Park, doch als er erwischt worden sei, habe er pausiert und später nur noch legal gesprayt. Und das sehr erfolgreich.