Karben. „Die Unterschiede zwischen Deutschland und Polen sind in den letzten Jahren geringer geworden“, sagt Wioletta Reda. „Denn Polen entwickelt sich.“ Reda ist Sekretärin des Bürgermeisters von MinskMazowiecki in Polen. In den Zeiten des Jahreswechsel geht es in ihrer Heimat ebenso hektisch zu wie in Deutschland, erzählt sie. Und kann darüber lachen, denn sie ist dem Stress in Polen nach Karben entflohen zu einem Konzert der Stadtkapelle. Menschen in beiden Städten unterhalten intensive Kontakte miteinander und sind damit auf dem Weg zu einer offiziellen Städtepartnerschaft.
Offiziell gibt es die nämlich noch nicht. Erste Kontakte kamen über die gemeinsame französische Partnerstadt St.-Égrève zustande. Die Kontakte werden vor allem von den Musikfreunden aus beiden Städten gepflegt. Die Musiker der Karbener Stadtkapelle und die des Blasorchesters aus Minsk-Mazowiecki besuchen sich gegenseitig und demonstrieren ihr musikalisches Können bei Gast-Konzerten. So waren im vergangenen Mai Mitglieder der Stadtkapelle bei den Musikfreunden in Polen zu Gast
Dass sich Minsk-Mazowiecki im Aufbruch befindet, kann Karbens Sozialstadtrat Jochen Schmitt (SPD) bestätigen. Er war schon mehrfach in der polnischen Stadt zu Gast, zuletzt bei den Feiern anlässlich der dortigen Stadtgründung vor 585 Jahren im Mai 2006. Die Nähe zur Hauptstadt Warschau sei ein Vorteil für Minsk-Mazowiecki, sagt Reda. Die rund 40 Kilometer westlich entfernt gelegene Hauptstadt sei mit Bussen und Bahnen in einer halben Stunde zu erreichen.
Redas Chef ist Bürgermeister Zbigniew Grzesiak. Er regiert seit 1990 in der fünften Amtsperiode und wurde erst vor wenigen Wochen wieder gewählt. In der Nähe der Stadt gibt es einen Militär-Flughafen, ein Fliegerdenkmal. Denkmäler erinnern an die deutsche Besatzungszeit.
Ganz ähnlich wie in Karben klingen die brennenden Probleme in Minsk-Mazowiecki: Mitten durch die Stadt führt die mehrspurige Europastraße E 30 mit ihrem täglichen Strom an Fahrzeugen Richtung Warschau oder östlich nach Russland.
Natürlich hat Minsk-Mazowiecki auch schöne Seiten: Ein sehenswerter Ort ist das von einem Park umgebene Kulturhaus. Traditionelle Holzbauwerke der Region können in Sucha in einem Museum für Holzarchitektur mit Freilichtmuseum bestaunt werden – ähnlich dem Hessenpark.
Aus dem anfänglichen Angebot zur Übernachtung hätten sich im Lauf der Zeit Freundschaften entwickelt, erzählt Ewa Kania aus Petterweil. Sie ist in Polen geboren, ihr Ehemann Edwin spielt in der Stadtkapelle mit. Sie war erst einmal zu Besuch in Minsk-Mazowiecki. Und es war stressig. Da lacht Wiolette Reda. Eine Fahrzeit von zwölf Stunden mit dem Auto sei nur zu schaffen, „wenn es unterwegs keine Staus gibt“. Dann aber wenden sie sich die Besucherinnen wieder ganz entzückt dem Konzert der Stadtkapelle zu.